Stadtschwärmer Leipzig
Wer keinen Insider kennt, schnappt sich dieses Buch und wird an die liebsten Orte von waschechten... Weiterlesen
Deutschland und Vereine, das gehört seit jeher zusammen. Ob in geselliger Runde Skat gekloppt wird, Karneval und Schützenfeste geplant werden oder es aufs örtliche Fußballfeld geht: Gemeinsam macht alles mehr Spaß.
Die Zusammengehörigkeit, die durch Vereine gestärkt wird, hat aber auch besondere Bedeutung für das gesamte lokale Umfeld. Clubs und Vereine bilden vielfach das Rückgrat von Kommunen, dienen als Auffangnetz, pflegen Traditionen und stärken die Integration.
Rund 24,2 Millionen Bewohner der Bundesrepublik sind Mitglieder in einem der rund 86.400 Sportvereine im Land. Den größten Anteil haben dabei Jungen im Alter von 7 bis 14 Jahren, von denen rund 80 Prozent im Sportverein aktiv sind. Aber auch bei den über 60-Jährigen sind es noch mehr als 25 Prozent.
Während die Zahl der Freizeitsportler wieder steigt, sinkt die Zahl der eigentlichen Vereine. Um einen offiziell eingetragenen Club am Leben zu erhalten, sind nämlich in erster Linie Ehrenamtler erforderlich. Doch vor allem in kleineren Kommunen machen sich Generationswechsel und Wegzüge spürbar bemerkbar. Hinzu kommt, dass viele Aktivitäten sich aufs Internet verlegen. Das gilt sogar für den Sport, wo eSport auf der Konsole oder dem Smartphone vielfach genauso verbinden kann wie das gemeinsame Kicken auf dem Dorfplatz, ohne sich je in echt gesehen zu haben.
Der soziale Kontakt in der wirklichen Welt ist aber auch einer der wichtigsten Aspekte, den Sportvereine und andere Clubs seit jeher erfüllen. Die meisten Mitglieder im Sportverein spielen Fußball, Handball, Tischtennis, Bowling oder üben ungezählte andere Disziplinen aus, um sich fit und gesund zu halten.
Doch sie gewinnen noch viel mehr als nur eine Möglichkeit, die Muskeln zu stärken und Herz und Kreislauf zu fördern. Sport im Verein bedeutet Geselligkeit, Zusammengehörigkeit, Integration und Freundschaft.
Sogar Zuschauer profitieren von den Wettbewerben ihrer lokalen Sportmannschaften, selbst wenn diese in einer der Ligen sind, die bei den Sportwetten ignoriert werden. Tipps lassen sich schließlich auch privat machen, und Nachwuchstalente werden so manchmal ebenfalls entdeckt.
Wer den gleichen Verein anfeuert wie der Sitznachbar, wird
sich nicht allzu lang fremd bleiben, und das gilt ebenso, wenn die Tore und andere Geräte für die Kindermannschaft gemeinsam auf- und abgebaut werden.
Neuankömmlinge haben es gerade in kleineren Orten oft schwer, Anschluss zu finden. Vereine helfen auch dabei. Wie Fußball gespielt wird, weiß fast jeder, so dass selbst ohne gründliche Sprachkenntnisse Integration stattfinden kann, und Gleichgesinnte lassen sich nirgends schneller entdecken als beim Sporteln, handarbeiten oder beim Quizabend in der Gastwirtschaft.
So eng verknüpft sind die Vereine mit der deutschen Sozialstruktur, dass sie vielfach Lücken im Alltag füllen, die anders nicht geschlossen werden können. Sport, Kultureinrichtungen, Interessenverbände, Katastrophenschutz und Hobbies aller Art liegen zum Großteil in den bewährten Händen von Ehrenamtlern.
Sogar im Grundgesetz ist das Recht auf Vereinsgründung verankert, und für die finanzielle Unterstützung gibt es ebenfalls streng geregelte Hilfe von Vater Staat.
Das Vereinswesen ist einer der Hauptnutznießer der in Deutschland geliebten staatlichen Lotterien. Die Hälfte der Spieleinsätze im Lotto fließt in Form von Gewinnen zurück an die Tipper. Die Lotteriesteuer, die rund 17 Prozent des Umsatzes ausmacht, geht an die jeweiligen Landeshaushalte, und rund 23 Prozent werden ausgeschüttet, um Sport, Kultur, soziale Organisationen sowie Umwelt- und Denkmalschutz zu unterstützen.
Kein Verein ist zu klein und kein Zweck zu esoterisch, um nicht zumindest als Antragsteller geprüft zu werden.
Der Sportetat im Bundeshaushalt wird allerdings in erster Linie in den Spitzensport sowie die Altersvorsorge von Athleten investiert. Allein 2020 wurden 265 Millionen Euro vom Bund für den Sport reserviert.
Der Breitensport steht weniger im Blickfeld, aber gerade er ist es, der den größten Effekt auf die Kommunen hat.
Vereinsamung und Abkapselung sind zunehmende Probleme in der modernen Gesellschaft. Sportvereine und andere Verbände schaffen da Abhilfe, selbst wenn die eigenen athletischen Tage hinter einem liegen. Ehrenämter aller Art müssen gefüllt werden, ehe auch nur ein einziger Trainingstag stattfindet. Vom Schatzmeister bis zum Schriftführer, Wettkampfrichter, Sportwart oder Ticketkontrolleur bei Turnieren gibt es zahlreiche Möglichkeiten, sich zu engagieren.
Das Gefühl, aktiv zur Gemeinschaft beizutragen und das soziale Leben in der eigenen Nachbarschaft zu stärken sowie sein Umfeld mitzugestalten, hat seit vielen Generationen das Vereinsleben in Deutschland blühen lassen.
Als erster reiner Fußballverein im Land wurde 1888 in Berlin die BFC Germania gegründet. Der Bund Deutscher Fußballspieler wurde ebenfalls in Berlin 1890 etabliert. Heute gibt es in der Bundesrepublik mehr als 6,5 Millionen Mitglieder in den mehr als 27.000 Fußballvereinen im Land.
Der älteste noch existierende Turnverein ist sogar schon mehr als 200 Jahre alt. Die Ehre geht laut Deutschem Turnerbund an den TSV 1814 Friedland aus Mecklenburg.
Deutschland und Vereine, das gehört seit jeher zusammen.