Leipziger Spezialitäten

Schmackhaftes aus und über Leipzig

Leipzig ist nicht nur die älteste Messestadt und nach Wien die traditionsreichste Musikstadt, sondern auch eine Stadt für Genießer. Der Gaumen dankt es. Seit Jahrhunderten können die Leipziger und ihre Gäste in der weltoffenen Metropole von einem “Scheelchen Heeßen” (Kaffee) über das Gemüsegericht “Leipziger Allerlei” oder das Mürbeteiggebäck “Leipziger Lerche” bis hin zur “Leipziger Gose” viele kulinarische Spezialitäten genießen. Ob historische Restaurants oder Zeitgeistkneipen, gemütliche Cafés oder amüsante Bars, überall lässt sich hervorragend essen, kommunizieren, einen Kaffee genießen oder einfach nur schauen. Aber was ist nun wirklich “typisch Leipzig”? Die folgende Auswahl an Spezialitäten soll dazu beitragen, diese von Touristen häufig gestellte Frage zu beantworten. Dabei wird ersichtlich, dass Leipzigs Kulinaria nicht nur aus einem “Allerlei” besteht, sondern viel Überraschendes bietet:

Bunt und Gesund - und Synonym für Leipzigs Küche:

Original “Leipziger Allerlei”

Leipzigs bekannteste Spezialität ist das “Leipziger Allerlei”, ein Hauptgericht aus Frischgemüsen. Es hat vor allem im 19. und 20. Jahrhundert einen hohen überregionalen Bekanntheitsgrad errungen. Doch im Gegensatz zur “Leipziger Lerche”, ist die Historie des Gemüsegerichtes, das um 1900 in Leipzig ausschließlich “Allerlei” hieß, unklar. Den Herkunftsnamen “Leipziger” scheint es erst erhalten zu haben, als man es in diverse Kochbücher aufnahm. Die Gastwirte boten die lokale Spezialität (“Allerlei von nur jungen Gemüsen”) in der Regel von März bis August an. Nach klassischem überlieferten Rezept gehören außer verschiedenen jungen Gemüsesorten wie Möhren, Kohlrabi, Spargel, Blumenkohl auch Morcheln, Krebsschwänze sowie Semmelklößchen dazu. Das Original “Leipziger Allerlei​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​” wird im April serviert, wenn die Spargelzeit beginnt, die Schonzeit für Flußkrebse vorbei ist und das Gemüse frisch geerntet wurde.

Bereits ab 1900 wurde “Winter-Allerlei” aus der Konserve angeboten. Später kochte man aus fabrikgetrocknetem Gemüse “Allerlei”. Zu DDR-Zeiten mutierte die Gemüsespezialität dann zu einer zerkochten Sättigungsbeilage, die als “Leipziger Allerlei” in Schulen und Betriebskantinen angeboten wurde. Die Zusammensetzung und Zubereitung des “echten Leipziger Allerlei” ist deshalb nur wenigen bekannt:

Zutaten: je 250 g Möhren, Kohlrabi, Spargel, Blumenkohl und Morcheln; 500 g Schoten; 2-4 Flußkrebse; 150 g Butter; 2-3 Eier; 1 Muskatblüte; geriebene Semmel; 50 g Mehl; Milch

Zubereitung: Die Möhren und den Kohlrabi putzen und in gleichmäßig lange Streifen schneiden. Danach von den Schoten die innere harte Haut abziehen und alles mit den Schotenkernen in Salzwasser kochen. Den geschälten, in fingerdicke Streifen geschnittenen Spargel in leichter Bouillon dünsten. Den Blumenkohl in Rößchen teilen und in Milchwasser, dem man Salz und Butter zusetzt, kochen. Die Morcheln teilen und in Butter weich dämpfen. Gesottene Krebse zerteilen, die Schwänze vorsichtig ausbrechen und die geputzten Nasen mit Salz abreiben. In 50 g schaumig gerührter Butter die Eigelbe und das zu Schnee geschlagene Eiklar mit etwas Muskatblüte und geriebener Semmel vermengen. Mit dieser Farce die Krebsnasen füllen. Aus dem Rest Klößchen formen und beides 5 Minuten in Salzwasser kochen. Danach aus etwa 100 g Butter und 50 g Mehl eine Mehlschwitze bereiten und so viel Spargel- und Blumenkohlwasser zugeben, dass man eine dicke Soße bekommt. Das Mischgemüse (außer den Morcheln) in eine Schüssel füllen und die Soße darüber gießen. Dann Klößchen und Krebsschwänze dazugeben, alles mit brauner Butter beträufeln, und obenauf Morcheln und Krebsscheren anrichten.

Neben dieser Zubereitung gibt es noch eine weitere schmackhafte – aber etwas einfachere – Variante. Dabei werden Krebsschwänze und Semmelklößchen weggelassen und anstelle der Morcheln werden Champignons verwendet. Nachdem das Gemüse gegart wurde, wird aus zerlassener Butter und Mehl eine Schwitze bereitet, mit Gemüsebrühe aufgefüllt, sämig gekocht und mit Sahne verfeinert. Das Gemüse wird mit frischer Petersilie garniert.

Von der Singvogel-Jagd zur beliebten Back-Spezialität:

Die “Leipziger Lerche”

Eine besondere Leckerei ist die Leipziger Lerche. Neben dem “Leipziger Allerlei” hat sie im 18. und 19. Jahrhundert den Sprung auf die internationalen Speisenkarten geschafft. Besucher sollten sich dieses typische Leipziger Gebäck nicht entgehen lassen, das aus der dekadenten Leidenschaft für ein ganz besonderes Geflügel hervorging.

Die Feldlerche war im 18. Jahrhundert eine kulinarische Spezialität der Stadt. Wenn die Lerchen in den Monaten September, Oktober und November nach Süden zogen und in der flachen Ebene zwischen Elbe und Saale Station machten, hatten die Vogelfänger Hochkonjunktur. Schätzungsweise 1,5 Millionen dieser Singvögel wurden jährlich in den Leipziger Auen gefangen, mit Kräutern und Eiern gebacken und von den “Lerchenfrauen” im Salzgässchen mit Sauerkraut oder im Speckmantel serviert. So findet man in den Kochbüchern zwischen 1712 und 1850 die erstaunlichsten Rezepte: geschwungene Lerchenbrüstchen mit Trüffel, Lerchen am Spieß. Auch die martialischen Anweisungen für die Zubereitung der Vögel konnten den Feinschmeckern nicht den Appetit verderben:

Man rupft 12 Lerchen, zieht die Haut vom Kopfe, sengt und wischt sie aus. Dann sticht man die Augen aus, reißt die untere Schnabelhälfte mit der Gurgel und dem Schlunde ab, haut die Krallen und die Flügel ab, nimmt den Magen heraus, biegt die Füße um und klemmt sie zwischen die Keulen. Diese legt man über Kreuz und biegt den Kopf nach den Keulchen um, dann sengt man die Vögel ab. Man brät sie in reichlich Butter, zugedeckt, langsam gelbbraun, lässt dann geriebene Semmel in der Butter bräunlich werden, legt die Lerchen in eine heiße Schüssel und richtet Butter und Semmel darüber an. Man kann auch nach Belieben einige Wacholderbeeren mit den Lerchen in die Butter legen, so auch mit der Semmel gehackte Petersilie mit durchschwitzen lassen.“

Das Geschäft der Leipziger Kaufleute mit diesen Spezialitäten ging hervorragend. Die gerupften und gefüllten Vögel aus dem Umland Leipzigs wurden in Versandschachteln zu je 12 oder 24 Stück bis nach Spanien und Rußland verschickt. Viele aufgeklärte Bürger empfanden diese kulinarische Delikatesse als frevelhafte Leckerei. Bei der empfindsamen Dichterin Friederike Kempner im Nachbarstaat Preußen erregte diese Delikatesse poetisches Mitleid:

Die friedlichen Sänger des Feldes,
Ach nackt und zum Fraße bereit,
Ihr werdet doch Lerchen nicht essen?
Mein Gott, ihr wär`t nicht gescheit!

Die Lerche, die wahre Poetin,
Zum Himmel schwingt sie sich auf,
Ihr Nestlein sorglos am Boden,
Die Senner treten darauf.

In Leipzig aber schlachten
Die singenden Kehlchen sie,
Ach nackt und klein zum Erbarmen,
Ein Schlachten der Poesie!

Trotz Protest und Aufklärung vermochte erst ein Naturereignis, den Vogelfang zu stoppen. Im August 1860 entlud sich ein furchtbares Gewitter mit Regen, Sturm und Hagelschlag. Viele Gebäude, Gärten und Alleen wurden verwüstet. In den Straßen lagen Tausende vom Hagel erschlagene Singvögel. Verschreckt durch den grausigen Anblick, nahmen die Wirte die stark dezimierten Vögel von der Speisenkarte. Aufgrund von Bürgerprotesten verbot der Sächsische König 1876 dann endgültig die Lerchenjagd.

Dennoch werden auch heute noch “Leipziger Lerchen” mit Genuss verzehrt. Einige gewitzte Leipziger Bäcker entschädigten damals die betrübten Gourmets mit einem Leckerbissen aus ofenfrischem Mürbeteig, Mandeln bzw. Marzipan, Nüssen und Erdbeerkonfitüre, wobei sie die Form der Singvögel nachahmten. Sie gaben der Konditorspezialität fortan den Namen “Leipziger Lerche” und erzielten damit einen ebenso guten Gewinn wie mit den richtigen Vögeln. Das Mürbeteigtörtchen erinnert an einen Vogelbalg. Die zwei kreuzweise aufgelegten Mürbeteigstreifen symbolisieren den ursprünglichen Faden, mit dem das gefüllte Tier zusammengehalten wurde. Bis in die heutige Zeit werden die “Leipziger Lerchen” per Hand in sieben verschiedenen Arbeitsgängen nach einem alten Rezept angefertigt.

Zubereitung: Mürbeteig nach Grundrezept, Erdbeerkonfitüre, 80 g Margarine, 125 g Zucker, Salz, 2 Eier, 100 g Mehl, 125 g gehackte süße Mandeln oder Kokosraspeln, 5 geriebene bittere Mandeln, 4 Esslöffel Milch, 3 Esslöffel Rum oder Cognac. – Leicht gefettete Förmchen mit dünn ausgerolltem Mürbeteig auslegen und jeweils einen Klecks Konfitüre darauf geben. Die schaumig gerührte Margarine mit allen Zutaten (1 Eigelb zurückbehalten) vermengen. Die Masse in die Förmchen füllen, obendrauf kreuzweise zwei schmale, abgerädelte Teigstreifen legen und mit dem verquirlten Eigelb bepinseln. Bei Mittelhitze 25 Minuten backen. Als Gipfel der Verfeinerung gilt eine in die Marzipan-Mandel-Füllung eingebettete Maraschino-Kirsche!

Damit werden die “Süßen” verwöhnt:

“Leipziger Räbchen”

Eine andere süße Spezialität sind die Krapfen, die auch Leipziger Räbchen genannt werden. Mit Marzipan gefüllte Pflaumen werden in einen Eierkuchenteig gedrückt, das Gebäck dann in Kugelform gebracht und in Zimtzucker gewälzt.

Zubereitung: Als Basis für die Leipziger Räbchen eignen sich feste Pflaumen am besten. Sie werden entsteint und mit Marzipan gefüllt. Dieses kann man herstellen, indem man ein wenig Zucker und süße Mandeln so lange in der Schlagmühle mahlt, bis die Mandeln eine fettige, haftende Masse ergeben. Man kann auch fertiges Marzipan mit Rum und Rosinen verkneten. Die gefüllten Pflaumen werden fest zusammen gedrückt, damit die Marzipanmasse nicht heraus kochen kann. Diese zieht man dann durch einen Eierkuchen- oder Bierteig. Letzterer  wird wie folgt zubereitet: ¼ Liter Bier, 20g Öl, 5g Salz, 5g Zucker und 250g Mehl werden zu einem zähflüssigen Teig verarbeitet, unter den am Schluss noch zwei geschlagene Eiweiß gehoben werden. In einem Fettbad bäckt man die Kugeln, bis sie goldgelb sind. Danach kann man sie in Zimtzucker wälzen und mit Staubzucker absieben. Die Räbchen sollte man möglichst noch warm verzehren.

In Leipzig kann man diese lange Zeit vergessene Spezialität u.a. im „Zills Tunnel“, im „Café Kandler“ und im Café-Restaurant „Zum Arabischen Coffe Baum“ genießen.

Ein Höhepunkt sächsischer Konditorkunst:

“Der Bachtaler“

Mit dem Bachtaler kann man eine ganz besondere Art sächsischer Konditorkunst genießen. Die süße Spezialität wurde erst 1999 anlässlich der bevorstehenden Feierlichkeiten zum 250. Todestag von Johann Sebastian Bach kreiert. Der Bachtaler besteht aus einer Kurvertüreschale, welche mit einer Canachecreme gefüllt wird, einer harmonischen Verbindung aus Sahne und Buttercreme. Bereichert wird er durch einen Moccanougat. Und in der Mitte des Genusses geht es zurück nach Leipzig. Im Zentrum des Bachtalers befindet sich eine Kaffeebohne. Wer sie zerbeißt ist zwar zunächst überrascht, anschließend aber glücklich über den Fund, denn im Mund verbreitet sich ein wohliger Kaffeegeschmack. All das bedeckt ein Haselnussmürbeteig. Der original „Bachtaler“ wird nur von den Conditoren des Café Kandler hergestellt.

“Was unter den Blumen die Rose, ist unter den Bieren die Gose!”:

“Gose”

Die Gose ist eine obergärige, säuerlich und leicht salzig schmeckende Bierspezialität, welche u.a. auch Koriander enthält und einen Alkoholgehalt von rund 4,8% vol. besitzt.

Ihren Namen leitet sie von ihrem Ursprungsort, der alten Kaiserstadt Goslar ab, wo sie Kaiser Otto bereits im Jahre 1000 gelobt haben soll. Im Mittelalter verbreitete sich das "Goslarisch Bier", kurz die Gose genannt, im ganzen Harzgebiet weiter bis nach Anhalt. Seit 1738 hat sie - dank der Empfehlung des "Alten Dessauers" - ihre neue Heimat in Leipzig gefunden, so dass man bald von der "Gosenstadt" sprach. Getreu dem Spruch: “Die Studiosen tranken 2-20 Gosen!” hat auch der Student Goethe in Leipzig das obergärige Bier reichlich genossen. Um 1900 war die Gose sogar das meist getrunkene Bier der Messestadt. Hauptlieferant der Gose war seit 1824 vor allem die Ritterguts-Gosenbrauerei in Döllnitz, welche nach dem Krieg jedoch enteignet und geschlossen wurde. 1966 versiegte die Gosequelle dann vollends.

Erst 1986 begann die Wiederentdeckung, als Lothar Goldhahn die 1899 von der Wirtsfamilie Cajeris gegründete Gosenschänke “Ohne Bedenken” (Menckestraße 5) im Jahr 1986 nach umfangreicher Rekonstruktion neu eröffnete. Damit gelang die Gose wieder ins Bewusstsein der Leipziger. Seither gab es eine wahre Renaissance der Gose. In Leipzig und Umgebung kann man die traditionelle Rittergutsgose nun in über 100 Restaurants genießen. Sie ist auch in der Handelskette KONSUM erhältlich. Seit dem Jahr 2000 wird zusätzlich in der Gasthausbrauerei am Bayerischen Bahnhof die Leipziger Gose hergestellt und dort ausgeschenkt.

Neben der erfrischenden Wirkung wird die Gose außerdem als Aphrodisiakum hoch geschätzt. Wem allerdings die Original-Gose zu sauer ist, der kann sie - je nach Geschmack - auch auf verfeinerte Art genießen:

  • mit einem Sirup (das ist der “Sonnenschirm”)
  • mit einem Kirschlikör (das ist der “Frauenfreundliche”)
  • mit einem Kümmellikör (das ist der “Regenschirm”)

...und nach dem Essen Hochprozentiges zur Verdauung:

„Leipziger Allasch“

Seinen Namen verdankt der Allasch seinem Ursprungsort, einem livländischen Gut in der Nähe von Riga in Lettland. 1830 brachten vermutlich Handelsleute das Rezept für den Allasch von seinem Ursprungsort über Mecklenburg nach Sachsen. Hier erfreut sich der Allasch großer Beliebtheit und wird in der ältesten Leipziger Branntwein- und Likörfabrik, der 1923 gegründeten Firma Wilhelm Horn, seit 1926 hergestellt. Er trägt den Namen „Echter Leipziger Allasch“.

Unter „Allasch“ wird ein unter Verwendung von Kümmeldestillat hergestellter Kümmellikör verstanden, der sich durch einen hohen Alkoholgehalt von 38% Vol., ein starkes reines Kümmelaroma und einen reichlichen Zuckerzusatz auszeichnet. Die Verwendung ätherischer Öle ist nicht zulässig und gilt als Verfälschung dieses Erzeugnisses. Ein aufwendiges Herstellungsverfahren und eine optimale Lagerung machen diese Spezialität zu einem Spitzenprodukt. Der „Echte Leipziger Allasch“ hat eine helle Farbe. Er wird eiskalt serviert und gern zur Verdauung nach dem Essen getrunken. Eine regionale Besonderheit ist der Genuss des „Echten Leipziger Allaschs“ mit Leipziger Gose – einem obergärigen Bier.

Quellen: u.a. Weinkauf, Bernd: Leipzig auf dem Tablett, Leipzig 1992; Kochbüchlein Sachsen, Leipzig 1992; Heise, Ulla: Zu Gast im Alten Leipzig, München 1996, Fremdenverkehrsverein Leipzig e.V. (Hrsg.): Allerleipziger Lust & Leut, Leipzig 1994; Speisenkarte “Barthels Hof”; Speisenkarte Gosenschenke “Ohne Bedenken”; Café Kandler: Die Geschichte der Leipziger Lerche (Informationsblatt); Heyne MINI Nr. 33/1290: Sachsen kocht, München 1995; Leipzig hat wieder eine Gosenbrauerei, Brauwelt Nr. 46/47 2000; Seiffert, Max: Johann Sebastian Bach 1716 in Halle, Sammelbände der Internat. Musikgesellschaft, 1904/06

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