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Ausstellung im Stadtgeschichtlichen Museum: Zwischen Aufbruch und Abwicklung. Die 90er in Leipzig, Foto: Markus Scholz
Ausstellung im Stadtgeschichtlichen Museum: Zwischen Aufbruch und Abwicklung. Die 90er in Leipzig, Foto: Markus Scholz

Zwischen Aufbruch und Abwicklung. Die 90er in Leipzig

Ausstellung im Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig blickt auf umbruchvolle Zeit

25.09.2024 Veranstaltungen
Stadtgeschichtliches Museum

Und wie haben Sie die 90er in Leipzig erlebt? Das Stadtgeschichtliche Museum Leipzig widmet dieser Frage erstmals eine eigene Ausstellung. Ein Jahr lang lädt die Sonderschau »Zwischen Aufbruch und Abwicklung. Die 90er in Leipzig« (25.9.2024 – 7.9.2025) im HAUS BÖTTCHERGÄßCHEN des Museums samt umfangreichem Begleitprogramm zu einer Sicht auf jene umbruchvolle Zeit ein.

1990 begann in Leipzig eine turbulente Zeit voller Freiräume und Herausforderungen. Nach der Friedlichen Revolution und dem Ende der DDR war vieles möglich: Technopartys, besetzte Häuser, medienwirksame Sportereignisse oder neue Festivals. Kultur wurde freier, Stadtpolitik demokratisch. Prall gefüllte Supermarktregale und Westautos gehörten nun zum Alltag – doch nicht für alle. Sehr viele Betriebe schlossen oder schrumpften. Gegen die neue Massenarbeitslosigkeit protestierten Tausende. Ein besseres Leben zog viele ins Umland oder in den Westen. Das Erbe der DDR wurde heiß diskutiert, von Stasiakten bis Paulinerkirche. Zugleich entstanden junge Unternehmen und Initiativen. Überall wurde geplant und gebaut: Neue Messe, Flughafen, Wohnungen, Neuseenland, neue Sportstätten. Menschen aus dem Westen und dem Ausland fanden in Leipzig ein neues Zuhause. Heute ist Leipzig lebendige Kulturstadt, Verkehrs- und Wirtschaftszentrum. Trotzdem gibt es Armut und Ungleichheit. Wie die 90er Jahre in den Köpfen der Menschen und im Stadtbild fortwirken, ist heute noch offen.

Die Ausstellung spannt mit etwa 400 historischen Zeugnissen den Bogen von der Friedlichen Revolution bis ans Ende der 90er Jahre in Leipzig. Es ist eine multimediale kulturhistorische Ausstellung mit Erinnerungsstücken, Film- und Hörbeiträgen, Fotografien, Schriftgut oder Plakaten, ebenso mit Dingen des alltäglichen Gebrauchs. Im Spannungsfeld von Aufbruch und Abwicklung ist der Umbruch ebenso Leitmotiv der Ausstellung wie der Zustand zwischen Alt und Neu oder Verlust und Gewinn. Das Team des Gestalterbüros Basis Leipzig wählte dafür eines der auffälligsten Konstruktionen der Zeit: Das Baugerüst. Es kommt direkt aus dem Arbeitsalltag und betont so die Ambivalenz des Unfertigen in diesem Jahrzehnt und strukturiert den Ausstellungsrundgang durch die sechs Themenbereiche »Anstöße«, »Aufbrüche«, »Alltag«, »Arbeit«, »Aufarbeitung« und »Aufschwung«.

Zu den Exponaten zählen ausgewählten Dinge, die im Leben der Stadt Bedeutung haben konnten: Das reicht vom Protest- bis zum Ortsschild, von der Sternburg-Flasche bis zum Club-Tresen der Distillery, vom Spaten bis zum High-Tech-Telefon, vom Boxmantel des Weltmeisters Henri Maske bis zur Polizei-Uniform und einem Grufti-Outfit, von der handgestalteten Zeitung bis zur Designer-Ausgabe des Brockhaus oder von DDR-Leuchtwerbung zum modernen KONSUM-Schriftzug. Persönliche Geschichten und Erinnerungsstücke bekannter und unbekannter Menschen zeugen vom Kommen, Gehen und Bleiben in einer Stadt, die für manche Lebensperspektiven bot, die andere schon verloren hatten. Stellvertretend dafür stehen zum Beispiel auch die acht Zeitzeuginnen und Zeitzeugen verschiedenen Alters und Herkunft, die in durch Ehrenamtliche geführten Interviews eigens ihre Geschichten erzählen.

Freiraum - Nicht nur über, sondern mit Leipzig sprechen! Welche Rolle Leipzig als regionales Zentrum im Osten hat und wie die 90er Jahre in den Köpfen der Menschen und im Stadtbild fortwirken, bleibt eine zu klärende Frage. Ein umfangreiches Begleitprogramm widmet die Ausstellung daher dem Dialog mit Menschen aus allen gesellschaftlichen Bereichen, um darüber zu sprechen, was von den 90ern heute geblieben ist. Der »Freiraum« – das offene Forum der Ausstellung – lädt ein, sich mit aktuellen Sichtweisen auf die 90er auseinanderzusetzen. Themen und Inhalte stammen aus Gesprächen und Projekten mit vielen Menschen. Er ist ein Platz für persönliche Geschichten und wird sich im Laufe der Ausstellung stetig verändern – auch mit der Meinung und den Erinnerungen aller Gäste.

Zum Begleitprogramm der Ausstellung zählt unter anderem der »FREIRAUM_90er-Talk«, die Filmreihe »UMBRUCH HAUTNAH«, der DIALOG-Donnerstag oder ON TOUR-Angebote außerhalb des Museums. Zur Ausstellung wird bis Ende des Jahres eine gleichnamige Begleitpublikation erscheinen.



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