Am 19. August 1839 wurde die Erfindung der Fotografie erstmals in Paris öffentlich bekannt gegeben. Aus diesem Anlass veranstaltet das Deutsche Fotomuseum eine dreiteilige Ausstellungsreihe zum 180. Geburtstag der Fotografie. Die Ausstellung „Das Bildnis vom Kinde“ mit historischen Fotografien von 1850 bis 1935 aus der Sammlung des Deutschen Fotomuseums zeigt den Wandel der Darstellung und die damit einhergehenden Veränderungen der Bildauffassungen anhand des Kinderbildnisses.
Das Bedürfnis, ein Bild von sich und seinen liebsten Angehörigen zu besitzen, ist so alt wie die Menschheit selbst. Was die bildende Kunst seit den Anfängen nur einigen wenigen ermöglichte, ist seit der Erfindung der Fotografie für alle Menschen möglich geworden. Ein Bildnis vom eigenen Kind zu besitzen oder später sich selbst als Kind betrachten zu können, ist heute eine Selbstverständlichkeit und es ist uns kaum bewusst, dass sich die Menschheit erst seit sechs Generationen im Genuss dieser Möglichkeit befindet. In der Frühzeit der Fotografie waren Bildbesitz und Bildbetrachtung ein Privileg und trotz rasanter Kommerzialisierung galten noch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts eigene Bildnisfotografien als Statussymbole.
Die frühen fotografischen Erzeugnisse sind noch kleinformatig und die abgebildeten Kinder verhalten sich reserviert und zeigen eine gewisse Scheu vor dem Apparat, die wir heute nicht mehr kennen. Aufgrund des langen Stillhaltens vor der Kamera wegen der langen Belichtungszeit besitzen die frühen Lichtbilder eine Aura der Schlichtheit und eine eindringlichere und länger andauernde Wirkung auf den Betrachter als neuere Fotografien. „Das menschliche Antlitz“, schrieb Walter Benjamin über die Anfänge der Portraitfotografie, „hatte ein Schweigen um sich, in dem der Blick ruhte.“ Ab 1880 wurden die Kinderbildnisse immer lebendiger, origineller und oftmals sogar humorvoll.