Auf den Tag genau vor 200 Jahren, am 7. Mai 1824, ist Beethovens 9. Sinfonie zum ersten Mal erklungen. Vier europäische Musikmetropolen haben sich aus diesem Anlass zusammengetan für ein einzigartiges Musik-Event: Beethovens Neunte ertönt zum Jubiläum an vier geschichtsträchtigen Orten und wird von ARTE live(-zeitversetzt) übertragen. Klassikinteressierte können das außergewöhnliche Konzertereignis im Fernsehen oder online auf arte.tv erleben.
Zum 200. Jahrestag der Uraufführung von Ludwig van Beethovens 9. Sinfonie d-Moll op. 125, die am 7. Mai 1824 in Wien stattfand, hat sich der europäische Kultursender ARTE ein organisatorisch wie künstlerisch ambitioniertes Projekt ausgedacht: In vier Städten, die mit Beethovens Leben und Werk in enger Verbindung stehen, erklingt am Dienstag, den 7. Mai 2024 seine 9. Sinfonie. ARTE zeichnet alle vier Konzerte auf, überträgt am Abend des 7. Mai 2024 aus jeder Stadt jeweils einen Satz und setzt so das gesamte Werk unmittelbar, leicht zeitversetzt, zu einem musikalischen Gesamtbild zusammen. Diesen besonderen Konzertabend gestalten vier der renommiertesten europäischen Orchester unter hochkarätiger musikalischer Leitung.
Den Kopfsatz interpretieren Gewandhauskapellmeister Andris Nelsons und sein Gewandhausorchester, das mit frühen Aufführungen und Zyklen eine rezeptionsgeschichtliche Schlüsselfunktion für Beethovens Musik hatte. Der zweite Satz mit seinem revolutionären Scherzo wird aus Beethovens zeitweiligem Sehnsuchtsort Paris gesendet, wo wichtige ideengeschichtliche Strömungen, die ihn beeinflussten, ihren Ausgang nahmen. Es spielt das Orchestre de Paris unter der Leitung seines Musikdirektors Klaus Mäkelä. Der dritte Satz kommt vom Orchestra del Teatro alla Scala unter der Leitung seines Chefdirigenten Riccardo Chailly. Vom Uraufführungsort Wien wird das Finale mit dem Schlusschor über Friedrich Schillers Ode »An die Freude« in einer Interpretation der Wiener Symphoniker unter der Leitung von Joana Mallwitz übertragen. Zwischen den Sätzen moderieren die Journalistin Barbara Rett (ORF) und Christian Merlin, Musikkritiker bei Radio France und Le Figaro, aus dem Konzerthaus in Wien.
»Als europäischer Kulturkanal ist es für ARTE wichtig, die Neunte Sinfonie Beethovens auf diese besondere Weise ins Zentrum seines Programms zu rücken. Ihre Botschaft – Brüderlichkeit, Menschlichkeit und friedliches Zusammensein – ist vor dem aktuellen politischen Hintergrund relevanter denn je. Beethovens Musik gewordener Traum von einem neuen Europa hilft uns, uns auf unsere großen Werte wie Weltoffenheit zu besinnen.«, ARTE-Präsident Bruno Patino.
Der 7. Mai 2024 auf ARTE und arte.tv im Überblick
Zur Einstimmung auf das Live-Event zeigt ARTE bereits zur Primetime die neu
produzierte Dokumentation »Die Macht der Musik – 200 Jahre Beethovens
Neunte« von Carmen Belaschk (WDR/ARTE, Accentus music) über die Wirkungs-
und Erfolgsgeschichte der 9. Sinfonie.
Dienstag, 07. Mai 2024, ab 20.15 Uhr im TV sowie auf arte.tv
»Die Macht der Musik – 200 Jahre Beethovens Neunte«
Beethovens Neunte ist ein Meilenstein in der Musikgeschichte. Die »Ode an die Freude« im Finale singen zu lassen, war revolutionär – heute ist sie Europahymne! Die Uraufführung am 07. Mai 1824 im Wiener Theater zum Kärntnertor war ein voller Erfolg. Der Komponist war zugegen, konnte aber den tosenden Applaus nicht hören. Er war damals schon ganz und gar taub. Die Dokumentation beleuchtet mit Dirigentin Joana Mallwitz und ihren Kollegen Andris Nelsons, Klaus Mäkelä und Riccardo Chailly eine 200-jährige Erfolgsgeschichte.
Dokumentation von Carmen Belaschk, WDR/ARTE, Accentus Music, Deutschland 2024, 80 Min., Erstausstrahlung
Ab 21.40 Uhr: Beethovens 9. Sinfonie aus vier europäischen Städten
1. Satz aus dem Gewandhaus zu Leipzig: Gewandhausorchester & Gewandhauskapellmeister Andris Nelsons
2. Satz aus der Philharmonie de Paris: Orchestre de Paris & Musikdirektor Klaus Mäkelä
3. Satz aus der Mailänder Scala: Orchestra del Teatro alla Scala & Musikdirektor Riccardo Chailly
4. Satz aus dem Wiener Konzerthaus: Wiener Symphoniker unter der Leitung von Joana Mallwitz
Das Projekt ist eine europäische Koproduktion zwischen ARTE und seinen Partnersendern MDR, ARTE France, RAI und ORF. Im Anschluss an die Liveübertragung bleibt das Konzert mehrere Wochen in der ARTE-Mediathek abrufbar.
Das Gewandhausorchester, Ludwig van Beethoven und die 9. Sinfonie
Noch zu Lebzeiten des Komponisten, in der Konzertsaison 1825/1826, führte das Gewandhausorchester weltweit erstmalig alle Sinfonien Beethovens in einem Zyklus auf. Nur drei Städte – London, Frankfurt und Aachen – waren schneller als Leipzig, wo am 06. März 1826 Beethovens Neunte erstmals im Rahmen dieses einzigartigen Zyklusprojektes aufgeführt und »auf Verlangen« sogleich wiederholt wurde. Mendelssohns bahnbrechende Interpretationen etablierten Beethovens Sinfonien im Gewandhausspielplan, und bald erklang die Neunte in jeder Saison, meist zum Abschluss. Auch der mittlerweile weit verbreitete Brauch, mit dem weltumspannenden Werk den Jahreswechsel zu zelebrieren, wurzelt in Leipzig, wo es seit 1945 traditionell an den letzten drei Abenden des Jahres mit dem Gewandhausorchester erklingt. Auch Schillers »Ode an die Freude« hat einen engen Bezug zu Leipzig: Ihre erste Fassung schrieb der Dichter im Sommer 1785 in einem Bauernhaus im damals nahe Leipzig gelegenen Dorf Gohlis nieder (heute ein Stadtteil Leipzigs, mit dem erhaltenen »Schillerhaus«).
Vor über 200 Jahren ging ein wesentlicher Impuls zur nachhaltigen Beethoven-Rezeption in Europa von Leipzig aus: Das Leipziger Gewandhaus genoss damals bereits den Ruf, eine der ersten Pflegestätten Beethoven'scher Musik zu sein. Dafür spricht nicht nur, dass Beethovens Sinfonien bald nach den Uraufführungen in Wien auch ihre Leipziger Erstaufführungen erlebten, sondern Leipzig hat selbst zwei hochkarätige Beethoven-Uraufführungen vorzuweisen: das Tripelkonzert op. 56 (1808) und das 5. Klavierkonzert Es-Dur op. 73 (1811). Das Gewandhausorchester ist damit das einzige noch bestehende Sinfonieorchester, das von sich sagen kann, Beethoven'sche Werke erstmals zum Klingen gebracht zu haben. Ebenso kann das Gewandhausorchester als einziges Orchester seiner Art eine seit über 200 Jahren ununterbrochene Beethoven-Rezeption aufweisen.
An der Popularisierung der Sinfonien Beethovens hatte auch Friedrich Rochlitz entscheidenden Anteil. Er war Mitglied der Gewandhaus-Direktion (und somit für den Spielplan verantwortlich) und Herausgeber der einflussreichen Allgemeinen musikalischen Zeitung (AmZ), die in Leipzig von Beethovens Originalverleger Breitkopf und Härtel publiziert wurde. Rochlitz förderte Beethovens Kompositionen, indem er sie – manchmal auch gegen den Publikumsgeschmack – kontinuierlich in den Gewandhaus-Spielplan integrierte und stets ausführliche Rezensionen in der AmZ über diese Aufführungen verfasste. Die solcherart publizistisch begleitete Entwicklung Beethovens und die feste Etablierung seiner Werke im Konzertbetrieb fand somit europaweit Verbreitung.
Die jetzige Jubiläums-Aufführung unter Andris Nelsons im Leipziger Gewandhaus wartet zudem mit einer hochkarätigen Sängerbesetzung auf: Neben dem MDR-Rundfunkchor und dem GewandhausChor samt - Kinderchor sind mit Golda Schultz, Patricia Nolz, Piotr Beczala und Sir Bryn Terfel vier internationale Starsolisten an dem Konzert beteiligt.