Das Zeitgeschichtliche Forum Leipzig präsentiert anlässlich des 35. Jubiläums der Friedlichen Revolution, des Mauerfalls und der Wiedervereinigung 2024/2025 Fotoarbeiten von Martin Jehnichen aus den Jahren 1988 bis 1990. Sie spiegeln den Alltag und die Verfallserscheinungen des sozialistischen Staates, das Aufbegehren der Menschen im Herbst 1989 sowie die Umbrüche des Jahres 1990 aus der Sicht eines jungen westdeutschen Fotografen wider.
1962 in Karlsruhe geboren, verbringt Jehnichen seine Schulferien oft bei den Großeltern im sächsischen Freiberg. Als Student für Fotodesign und visuelle Kommunikation in Bielefeld geht er 1988 für ein Austauschsemester an die Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Er begibt sich auf eine Entdeckungsreise durch die DDR, fotografiert beispielsweise in Erfurt, Dresden, Zwickau oder Steinbrücken. Seine Fotos zeigen einerseits Empathie und Sympathie für Land und Menschen, bezeugen andererseits den "Blick von außen" klassischer Reportage-Fotografie, die Besonderheiten und Widersprüche aufdeckt.
Am 7. Oktober 1989 formiert sich in Leipzig Protest – eine Reaktion auf die Jubelfeiern zum 40. Jahrestag der DDR-Gründung. Immer mehr Leipzigerinnen und Leipziger stellen sich dem SED-Regime entgegen. Für Jehnichen wird die Demonstration zum einschneidenden Erlebnis. Heimlich fotografiert er das brutale Vorgehen der Staatsmacht gegen die Protestierenden. Die Aufnahmen, "aus der Hüfte geschossen", sind teils unscharf und unterstreichen gerade dadurch die Dramatik der Ereignisse. Jehnichen wird bei der Demo verhaftet und ausgewiesen. Nach dem Mauerfall kommt er wieder – um zu bleiben.
Ende 1989 gründet er mit Mitstreitern die Fotoagentur "transit" in Leipzig. Inzwischen Mitglied der laif-Agentur für Fotos und Reportagen, ist Martin Jehnichen nach wie vor als Fotograf sowie im Bereich visuelle Kommunikation aktiv.
Ausstellungsdauer:
20.06.2024–26.01.2025
Öffnungszeiten:
Di–So sowie Feiertage 10–18 Uhr
Eintritt frei