Aktuelles
Aert de Gelder, Ahasver mit Mordechai und Esther, um 1685, Foto: MdbK
Aert de Gelder, Ahasver mit Mordechai und Esther, um 1685, Foto: MdbK

Neue Ausstellung im Museum der bildenden Künste Leipzig: Impuls Rembrandt. Lehrer, Stratege, Beststeller

Rund 142 Gemälden, Zeichnungen und Radierungen von Rembrandt und seinen Schülern vom 3.10.2024 bis 26.01.2025

06.09.2024 Kunst
Museum der bildenden Künste

Rembrandt Harmensz. van Rijn (1606–1669) ist einer der einflussreichsten und bedeutendsten Maler des 17. Jahrhunderts. Seine Werkstatt zog trotz eines hohen Lehrgeldes seit den 1620er Jahren weit über 40 Schüler aus Holland und über die Landesgrenzen hinaus an. Die Ausstellung fragt nach den Gründen für die Attraktivität von Rembrandts Werkstatt, zu denen sein Erfolg, aber auch die Qualität und die Inhalte seines Unterrichts zählen. Impuls Rembrandt ist in sechs Kapitel gegliedert, die zentrale Aspekte der Kunst Rembrandts und seines Unterrichts behandeln – Rembrandt als Bildregisseur | Im Atelier. Zwischen künstlerischer Ausbildung und Selbstrepräsentation | Die Entdeckung des Gesichts | Zwischen Tronie und Porträt | Gefühl und Menschlichkeit im Alltag | Rembrandt und seine Sammler*innen. Mit internationalen Leihgaben aus Museen in New York, Paris, Amsterdam, Den Haag, London, Stockholm und Wien sowie aus deutschen Museen und Privatsammlungen u. a. in München, Hamburg, Berlin, Frankfurt (Main), Bremen und Dresden präsentiert die Ausstellung insgesamt 142 Gemälde, Zeichnungen und Radierungen, davon rund 60 Werke Rembrandts.

Wie kaum ein anderer Maler des Barock hat Rembrandt die Wirkung seiner Bilder auf die Betrachtenden durch emotional berührende Darstellungen gesteigert. Die Farbe, die Beleuchtung, der Pinselauftrag, die Komposition – viele Details zielen hierauf ab. Rembrandt war ein Bildregisseur, der Handlungen, oft biblische Geschichten, möglichst dramatisch und zugleich möglichst realistisch inszenierte. Die Schüler lernten von Rembrandt die Kunst der emotionalen Inszenierung.

In der Ausstellung werden Werke Rembrandts und seiner Schüler nebeneinander präsentiert. Bereits für die Zeitgenossen war es mitunter schwer, die Werke des Meisters von denen der Schüler zu unterscheiden. Das lag daran, dass die Schüler übten, die künstlerische Handschrift Rembrandts sowohl in Zeichnungen wie in Gemälden zu imitieren. In der Ausstellung finden sich Werke, die eine spannende Zuschreibungsgeschichte haben oder bis heute Fragen nach der Autorschaft aufwerfen.

Das Zeichnen spielte eine besondere Rolle im Unterricht Rembrandts. Hierzu zählte das Naturstudium, u. a. das Aktstudium nach dem männlichen und weiblichen Modell. Bestimmte biblische Szenen wurden von Schülern nachgestellt, um sie möglichst wirklichkeitsnah wiedergeben zu können. Dieser Anspruch einer Kunst „naar het leven“, nach der lebendigen Anschauung, war die Voraussetzung für die uns noch heute ergreifende Menschlichkeit und Modernität der Malerei Rembrandts.

In den holländischen Provinzen entwickelte sich aufgrund des enormen wirtschaftlichen Wohlstands der Republik im Laufe des 17. Jahrhunderts ein bis dato in Europa ungekanntes Interesse am Erwerb und Sammeln von Bildern und ein dynamischer Kunstmarkt. Fragen der Produktion, des Unterrichts und des Verkaufs von Gemälden waren Aspekte, die u. a. durch die Vorschriften der St. Lukasgilden geregelt wurden, in denen die Maler organisiert waren. Hiermit ging eine große Konkurrenz unter den Maler*innen und ihren Werkstätten einher.

Rembrandt nutzte von Beginn seiner Laufbahn an das eigene Gesicht auch als Mittel der Selbstinszenierung. Er machte es regelrecht zu (s)einem Markenzeichen. Die Schüler profitierten von Rembrandts Bewusstsein für die Bedeutung der Selbstvermarktung auf dem Kunstmarkt. Sie lernten die Kunst der Selbstinszenierung. Eine wichtige Rolle bei der Selbstvermarktung und im Unterricht des Künstlers nahmen die Radierungen Rembrandts ein. Eine besondere Rolle in der Ausbildung spielten schließlich sogenannte Tronies, womit im Holländischen „Gesicht“, „Kopf“ oder „Gesichtsausdruck“ gemeint ist. Rembrandt und sein Leidener Kollege Jan Lievens, mit dem er sich in den 1620er Jahren vielleicht ein Atelier teilte, waren führend in der Entwicklung der Tronie zur eigenständigen Bildgattung im 17. Jahrhundert. Diese Bilder sind nach dem Modell studiert und sehen oberflächlich aus wie Porträts, aber die Künstler nahmen sich formale und inhaltliche Freiheiten, die ein Porträt nicht erlaubte. Tronies waren auf dem Kunstmarkt beliebt. Sie waren außerdem ein wichtiges Instrument der Ausbildung, u. a. weil die Schüler damit lernten, Gesichter lebendig zu inszenieren.

Werke Rembrandts und seiner begabtesten Schüler wurden bereits zu Lebzeiten gesammelt. Nach seinem Tod und im Laufe des 18. Jahrhunderts überstieg die Nachfrage bei weitem das vorhandene Material authentischer Gemälde und Zeichnungen. Daher wurden Rembrandt auch Werke zugeschrieben, bei denen es sich um Nachahmungen, Kopien oder Fälschungen handelte. In Sachsen wurden vor allem in Dresden und Leipzig Werke Rembrandts gesammelt. In Leipzig trug der Bankier Gottfried Winckler (1731–1795) eine bedeutende Sammlung an Gemälden, Zeichnungen und Radierungen des Künstlers zusammen. Seine Kunstsammlung, mit dem Schwerpunkt auf der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts, war die damals größte private Kunstsammlung der sächsischen Metropole. Nach Wincklers Tod wurde sie in alle Himmelsrichtungen zerstreut. Für die Zeit der Ausstellung kehren einige Werke der Sammlung nach Leipzig zurück.

Mit der Ausstellung feiert das MdbK das 20jährige Bestehen seines 2004 eröffnen Neubaus. Eine Gruppe von Werken von Schülern Rembrandts wie Ferdinand Bol, Gerbrand van den Eeckhout, Aert de Gelder oder Jan Victors im Bestand des MdbK bildet den Ausgangspunkt der Jubiläumsausstellung. Außerdem besitzt das MdbK eine bedeutende Zeichnung
Rembrandts aus den 1630er Jahren, die sein Interesse am Theater und der Kostümstudie veranschaulicht.

Impuls Rembrandt steht unter der Schirmherrschaft des Botschafters des Königsreiches der Niederlande, Ronald van Roeden.

Impuls Rembrandt.
Lehrer, Stratege, Beststeller
03.10.2024 – 26.01.2025

Museum der bildenden Künste Leipzig
Katharinenstr. 10
04109 Leipzig



Dieser Artikel wurde veröffentlicht von:
LEIPZIGINFO.DE
Kontakt
Empfehlungen
Nach oben