Stühle sind mehr als „Sitzgelegenheiten“. Sie sind Ruhezone, Arbeitsplatz, Spiel- und Designobjekt. Die besonderen Anforderungen für die Nutzung durch Kinder bringen eigene Herausforderungen mit sich: Anatomie, Bewegungsfreiheit, Funktionsvielfalt und Sicherheit stehen beim Design von Kindermöbeln heute an erster Stelle.
Das GRASSI Museum für Angewandte Kunst Leipzig zeigt in seiner aktuellen Sonderschau rund 120 Kinderstühle von den Anfängen im 19. Jahrhundert bis zu aktuellen Modellen. Der Großteil stammt aus der Privatsammlung von Gisela Neuwald zuzüglich einiger Modelle aus dem museumseigenen Bestand.
Die Sammlerin Gisela Neuwald hat in über 30 Jahren nahezu 400 Kinderstühle aus der ganzen Welt zusammengetragen. Mit vielen davon lebt sie in ihrer Münchner Wohnung – sie dienen als Hocker, Nachttisch, Ablage für Bücher, Handtaschen oder andere Dinge, aber natürlich auch als Sitzgelegenheiten für ihre Kinder und Enkelkinder. Anlass des Sammelns war ein traumatisches Kindheitserlebnis, bei dem ihr ein Stuhl das Gefühl der Sicherheit gab. Daher steht für Gisela Neuwald auch das Miteinander von Stuhl und Kind im Mittelpunkt ihres Interesses. Ihre Sammlung sieht sie als „Metapher für eine kleine Gesellschaft aus Hoffnungsträgern“.
Der Kinderstuhl an sich nimmt in der Geschichte des Designs eine besondere Rolle ein. Während der Gebrauch von Sitzmöbeln für Erwachsene historisch sehr weit zurückreicht, finden sich speziell für Kinder hergestellte Sitzmöbel erst seit dem 19. Jahrhundert. Ein Pionier auf diesem Sektor war die Firma Thonet mit ihren seit 1860 hergestellten Kinderstühlen aus gebogenem Buchenholz. In den Grundformen entsprachen die frühen Kinderstühle zunächst den Modellen der Erwachsenen. Ein Prinzip, das bis heute auch bei Designikonen angewendet wird. Parallel dazu hat sich aber eine Spezialisierung entwickelt, die den Bedürfnissen der Kinder gerecht zu werden versucht: Sei es als Kindergarten-, Schulmöbel oder als Sitzmöbel im privaten Bereich. Die Entwicklung der Kunststoffmaterialien beförderte seit den 1960er Jahren zusätzlich die Kreativität bei der Gestaltung von Kindermöbeln. Heute spannt sich der Bogen zwischen preiswerten Kunststoffmöbeln, multifunktional einsetzbaren Kinderstühlen, nachhaltig produzierten Modellen bis hin zu teuren Design-Ikonen fürs Kinderzimmer.
Dein Lieblingsstuhl
Viele der ausgestellten Kinderstühle sind historisch und daher selten. Deren jahrelange Nutzung hat ihnen oft zugesetzt, sodass sie leider nicht benutzt werden dürfen. Gisela Neuwald als Sammlerin dieser Stühle weiß jedoch, dass nur Ausprobieren über Studieren geht. Daher hat sie eine kleine Anzahl von Stühlen bereitgestellt, auf die sich (ausschließlich) Kinder setzen dürfen.
Eröffnung der Ausstellung:
Mi, 09.06., 18 Uhr, mit Gisela Neuwald im Rehgarten
Laufzeit:
10.06.2021 – 03.10.2021
Öffnungszeiten:
Di – So, Feiertage: 10 – 18 Uhr
montags geschlossen
Eintrittspreise:
8,00 €, 5,50 € und 4,00 € (ermäßigt)
Gruppen ab 8 Personen: 6,00 € p.P.
Kinder und Jugendliche bis einschließlich 18 Jahre kostenfrei