Viele niedergelassene Ärztinnen und Ärzte aus ganz Sachsen nahmen am Mittwochnachmittag (8. November 2023) an der Festveranstaltung an der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig zur Gründung des Instituts für Allgemeinmedizin teil. Viele von ihnen sind Lehrärzt:innen an der Medizinischen Fakultät und unterstützen durch Praktika und Famulaturen die medizinische Ausbildung. Ziel des neuen Instituts ist es, den Freistaat Sachsen bei der Sicherung der medizinischen Grundversorgung zu unterstützen und das Fachgebiet in enger Zusammenarbeit mit den Hausarztpraxen weiterzuentwickeln. Der demographische Wandel stellt die ambulante Versorgung vor große Herausforderungen: Der Bedarf wird aufgrund der alternden Bevölkerung weiter ansteigen, gleichzeitig wird das medizinische Fachpersonal älter. „Wir sind uns der Verantwortung bewusst und werden die Politik mit allen Kräften bei dieser wichtigen Aufgabe unterstützen“, betont Prof. Dr. Ingo Bechmann, Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig. Die Medizinische Fakultät in Leipzig ist die größte Ausbildungsstätte in Sachsen für Studierende der Human- und Zahnmedizin, Hebammenkunde und die einzige für Pharmazie. Im Wintersemester 2023/24 startete der zweite Jahrgang der Studierenden der Vorabquote nach sächsischem Landarztgesetz mit 22 Studierenden am Standort Leipzig. Insgesamt haben 343 Erstsemester mit dem Studium der Humanmedizin begonnen (Stand 1.11.2023).
„Frei werdende Weiterbildungsstellen für Allgemeinmedizin am Universitätsklinikum und seinem Medizinischen Versorgungszentrum können hervorragend zu einer bestmöglichen Facharztweiterbildung der Mitarbeiter des neuen Institutes beitragen“, so Dekan Bechmann. Darüber hinaus soll eine Professur auf den Weg gebracht werden, welche den Studierenden wichtige Kenntnisse und Knowhow für eine künftige eigene Praxis lehrt. „Die jungen Menschen entscheiden sich bei der Wahl ihres Studiums nicht dafür, später eine eigene Praxis zu eröffnen und eine Geschäftsperson zu werden. Sie entscheiden sich für das Fach Medizin und wir zeigen ihnen die künftigen Berufsfelder auf“, fasst Dekan Bechmann zusammen. Eine Befragung unter Studierenden der Humanmedizin der Universität Leipzig ergab, dass sich 77,9 Prozent der Studienanfänger in 2016 eine berufliche Tätigkeit als Arzt/Ärztin vorstellen konnten. Sechs Jahre später, nach Ende des Studiums in 2022, waren es 96,3 Prozent aus der gleichen Kohorte. Von den Absolvent:innen gaben 14,6 Prozent mit steigender Tendenz an, sich für die Facharztausbildung Allgemeinmedizin zu interessieren. Sie lagen damit an dritter Stelle hinter der Fachrichtung Innere Medizin (20,4 Prozent) und Anästhesiologie (17,6 Prozent) und vor dem Fach Chirurgie (7,8 Prozent).
„Die Allgemeinmediziner werden als Generalisten in einer älter werdenden Bevölkerung noch wichtiger für die medizinische Grundversorgung sein“, resümiert Prof. Dr. Markus Bleckwenn, Direktor des neuen Instituts für Allgemeinmedizin. Das Institut setzt sich mit verschiedenen Lehrmodulen und Projekten für die Förderung des Nachwuchses ein, um die Medizinstudierenden auf die zukünftigen Herausforderungen in der hausärztlichen wie landärztlichen Tätigkeit vorzubereiten. Das Lehrprojekt MiLaMed der Universitäten Leipzig und Halle steht für „Mitteldeutsches Konzept zur longitudinalen Integration landärztlicher Ausbildungsinhalte und Erfahrungen in das Medizinstudium“ und zielt darauf ab, mit neuen Lehrinhalten an der Universität sowie Praktika in ländlichen Regionen für die Arbeit außerhalb der Großstadt zu begeistern. Die Medizinische Fakultät fördert das Projekt nach der Pilotphase für weitere fünf Jahre aus eigenen Haushaltsmitteln. Bei der Befragung der Leipziger Absolvent:innen des Jahrgangs 2022 gaben 50,5 Prozent an, sich eine Tätigkeit als Landarzt vorstellen zu können. Im Jahr 2010 waren es 33,3 Prozent. Weiterführende Studien-Angebote für den haus- und landärztlichen Nachwuchs sind breit gefächert, beispielsweise mit dem Leipziger Kompetenzpfad Allgemeinmedizin (LeiKA) und dem Leipziger Standort des Kompetenzzentrums Weiterbildung Allgemeinmedizin Sachsen (KWASa).
Bei der Gründungsfeier des Instituts skizzierte Prof. Dr. Markus Bleckwenn in seinem Vortrag „Zukunftsmodelle hausärztlicher Arbeit zur Sicherung einer wohnortnahen und qualitativ hochwertigen medizinischen Grundversorgung", innovative Ansätze wie zum Beispiel, die Arbeitsplätze in den Hausarztpraxen an die Bedarfe der Behandler:innen anzupassen. „Unser Institut möchte der Forschungsfrage nachgehen, wie Zukunftsmodelle hausärztlicher Arbeit aussehen können, um eine wohnortnahe und qualitativ hochwertige medizinische Grundversorgung gewährleisten zu können. Für diesen Transformationsprozess braucht es aus unserer Sicht eine Netzwerkstruktur, in der die Praxen mit den Herausforderungen nicht allein zurechtkommen müssen, sondern sich gegenseitig unterstützen können“, so der Direktor des neuen Instituts. Der Grundstock ist gelegt: Mittlerweile umfasst das Lehrpraxen-Netzwerk der Medizinischen Fakultät circa 150 Hausarztpraxen, und circa 80 Praxen konnten in jüngster Zeit für das Forschungspraxen-Netzwerk „RaPHaeL“ gewonnen werden. „Durch die Institutsgründung wird sich die Sichtbarkeit der Allgemeinmedizin erhöhen und die Wettbewerbsfähigkeit bei der Einwerbung von Drittmitteln deutlich verbessern“, betont Prof. Bleckwenn. Das Institut besteht aktuell aus 23 Mitarbeiter:innen und acht studentischen beziehungsweise wissenschaftlichen Hilfskräften und basiert auf der bisherigen Selbstständigen Abteilung für Allgemeinmedizin.