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Sharon Lockhart: Kathy Edwards and Candi Coker im Werk Spartanburg, USA 1998, Foto: MdbK
Sharon Lockhart: Kathy Edwards and Candi Coker im Werk Spartanburg, USA 1998, Foto: MdbK

Glamour Studio: Museum der bildenden Künste Leipzig zeigt Fotografien aus der BMW-Schenkung

Ausstellung vom 16. Juni bis 18. September 2022 mit Auswahl von Fotografien international renommierter Künstler*innen

17.06.2022 Kunst
Museum der bildenden Künste

„Glamour Studio“ zeigt Fotografien international renommierter Künstler*innen zum Thema Mobilität und ihrer Inszenierung aus eigenem Bestand. Den Ausgangspunkt bildet die 70 Arbeiten umfassende Schenkung der Sammlung AutoWerke der BMW Group im Jahr 2005. Die Auftragsarbeiten der in Themensetzung, ästhetischer Formulierung und Bildfindung freien Fotograf*innen bieten ein breites Spektrum subjektiver Sichten auf die (auto-)mobilisierte Gesellschaft. Es sind künstlerische Analysen, die Aura und Mythos des Automobils wie der Mobilität beleuchten und uns zugleich, ein knappes Vierteljahrhundert nach ihrer Entstehung, den gesellschaftlichen Wandel, verdeutlichen. Diskurslinien zu aktuell von allen Generationen intensiv verhandelten Themen wie Fortbewegung, Produktionsbedingungen, Klimawandel, Identität und Freiheit eröffnen sich. Gleichzeitig sind Arbeiten wiederzuentdecken, die den Blick aus dem Auto auf die Gesellschaft, ihre sozialen Herausforderungen und Unfreiheiten sowie paternalistischen Strukturen lenken.

Arbeitsprozesse und Arbeitsbedingungen in den Produktionsstätten von BMW haben mehrere Künstler*innen als Thema gewählt: Rineke Dijkstra (*1959 Sittard, Niederlande) zeigt überlebensgroße Porträts junger Auszubildender im BMW-Werk München. Die Fotografin konzentriert sich auf ihre Gesichter und Oberkörper. In einem neutralen, nicht näher definierbaren Raum werden die jungen Männer trotz äußerlicher Gemeinsamkeiten als Einzelpersönlichkeit vorgestellt. Sharon Lockhart (*1964 Norwood/Massachusetts, USA) richtet die Kamera auf den Arbeitsort und die dort tätigen Arbeiter*innen. In ihren Produktionsstätten in Berlin, Spartanburg/USA und Toluca/Mexiko präsentieren sich die Werktätigen frontal in Werkkleidung wie auf einer Bühne. Candida Höfer (*1944 Eberswalde) widmet sich den menschenleeren Innenräumen des Münchner Hauptwerks. Maschinenhallen verschiedener Werkbereiche zeigen eine geordnete Industriewelt, die jeweils zu einem abstrakten Interieur wird. Die Existenz von Mitarbeiter*innen offenbart sich nur in Spuren menschlicher Präsenz. Gilian Wearing (*1963 Birmingham, Großbritannien) hinterfragt den Mythos der Marke BMW. Sie suchte per Anzeige BMW Besitzer*innen oder Fans, die ihr ein persönliches Bekenntnis per Brief vermachten. Aus den vielen Einsendungen wählte sie drei aus, besuchte und fotografierte die Verfasser*innen. Die Obsessionen und privaten Beweggründe der porträtierten Markenbekenner*innen werden in den Briefen deutlich. Glenn Ligon (*1960 New York, USA) beobachtete die Arbeitsabläufe der Mitarbeiter*innen im amerikanischen BMW-Werk Spartanburg. Seine kleinteiligen Fotografien verknüpfte er mit Interviews, die Auskunft über das Selbstverständnis der Arbeiter*innen geben.

Wolfgang Tillmans (*1968 Remscheid) fokussiert seinen Blick auf ästhetische Details und die Materialität des Fahrzeugs. Regentropfen schimmern auf der glatten, glänzenden Oberfläche. Die Natur scheint im Zusammenspiel mit dem lackierten Gehäuse filigrane, reliefartige Kunstformen zu produzieren. Thomas Struth (*1954 Geldern/Niederrhein) lenkt den Blick auf den Verkehr, die Dominanz der Straßen und die damit verbundenen Eingriffe in Stadt und Landschaft. Sein Bild einer Straße im chinesischen Viertel von San Francisco fordert den genauen Blick. Mit ihm lassen sich in dem asiatisch anmutenden Straßenbild, das von chinesischen Schriftzeichen dominiert zu sein scheint, auch englische Schilder erkennen. Damit thematisiert Struth im Bild eines kleinen Straßenabschnittes Heimat, Identität, Migration und Gesellschaft. Die Monumentalität der Natur wird von vielen Menschen nur noch mit dem Auto erfahrbar. Das Bergmassiv El Capitan im Yosemite Nationalpark scheint in Struths Arbeit die Kulisse eines Roadmovies zu sein, gleichzeitig wird die Domestizierung der Natur durch den Menschen sichtbar.

Die Straße als Ort des Verbrechens ist Thema für Paul Seawright (*1965 Belfast, Nordirland). Der Fotograf begleitete zwei Wochen Polizist*innen in Johannesburg in ihrem Sondereinsatzfahrzeug. Ihren Alltag – Verhöre durchführen, Fingerabdrücke nehmen, Raubüberfälle dokumentieren oder Spuren sichern – wird durch großformatige Detailaufnahmen eindringlich festgehalten. Die 1998 entstanden Fotografien, die u. a. die blutbefleckte Hand eines Schwarzen Menschen zeigt, der in einem Schusswechsel von einem Polizisten erschossen wurde, halten Indizien eines nicht näher identifizierbaren Tathergangs fest, der an dramatischer Aktualität nichts verloren hat. In klassisch anmutenden Posen fotografiert Tom Hunter (*1965 Bournemouth, Großbritannien) die Globetrotter der 1990er Jahre: jugendliche Raver, die Hunter auf ihren weltweiten Reisen begleitet. Bridget Smith (*1966 Leigh-on-Sea, Großbritannien) wirft einen Blick auf menschliche Sehnsüchte und Träume fern der Autowelten. Für ihre Serie „Glamour Studios“ besuchte sie Fotokulissen in britischen Provinzstädten, vor denen sich Menschen in der von ihnen gewünschten Rolle fotografieren lassen können. Ein Reitstall und scheinbar mondänes Mobiliar sind beliebte Wunschszenarien glänzender Zeiten.

Kooperation

1997 als Auftragsprojekt von BMW Group Financial Services Deutschland und BMW Group Financial Services North America initiiert, umfasst die Fotosammlung AutoWerke: Europäische und amerikanische Fotografie von 1998-2000 Arbeiten von 28 international renommierten Künstler*innen. Freiheit des Inhalts und des künstlerischen Schaffensprozesses war bei Entstehung der Sammlung oberstes Gebot. Zwei Jahre konnten die teilnehmenden Künstler*innen arbeiten, weltweit wurden ihnen alle Produktionsstätten des Unternehmens geöffnet. Aus Anlass der Eröffnung des Museumsneubaus und der kurz darauf erfolgten Inbetriebnahme der Leipziger BMW-Produktionsstätte erhielt das MdbK die Sammlung 2005 als Schenkung. Die BMW Niederlassung Leipzig und die BMW Group haben seitdem das MdbK regelmäßig bei Ankäufen und Ausstellungen unterstützt.



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