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Zwei von 185 Chirurginnen am Universitätsklinikum Leipzig: Prof. Nada Rayes (li.) und Dr. Lena Seidelmann, beide Viszeralchirurgie. Foto: UKL / Stefan Straube
Zwei von 185 Chirurginnen am Universitätsklinikum Leipzig: Prof. Nada Rayes (li.) und Dr. Lena Seidelmann, beide Viszeralchirurgie. Foto: UKL / Stefan Straube

Frauen in Männerdomänen: Zahl der Chirurginnen am Universitätsklinikum Leipzig fast verdoppelt

Inzwischen 185 Frauen als Operateurinnen tätig, auch und besonders in Leitungsfunktionen

07.03.2023 Gesundheit
Universitätsklinikum Leipzig

Die Chirurgie galt in der Medizin lange als eine Männerdomäne. Aber auch hier wandelt sich das Bild: Innerhalb von 10 Jahren hat sich die Zahl der Chirurginnen am Universitätsklinikum Leipzig fast verdoppelt.

Operationssäle sind Herzstücke der Krankenhäuser, auch am Universitätsklinikum Leipzig (UKL). Lange waren diese sterilen und technisierten Orte eine Männerdomäne, wobei Ausnahmen die Regel bestätigten. Inzwischen stehen aber immer häufiger Chirurginnen am Operationstisch, ob in der Gynäkologie, der Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie, der Viszeral-, Thorax- oder Transplantationschirurgie, der HNO, Orthopädie oder der Unfall-, Wirbelsäulen- oder plastischen Chirurgie. In all diesen operierenden Fächern sind am Universitätsklinikum Leipzig inzwischen 185 Frauen als Operateurinnen tätig, auch und besonders in Leitungsfunktionen. 2013, vor 10 Jahren, waren es erst 108.       

"Das ist eine sehr erfreuliche Entwicklung, die wir bewusst unterstützen und vorantreiben", sagt Prof. Christoph Josten, Medizinischer Vorstand des UKL und Unfallchirurg. "Als ich meine Berufstätigkeit in der Unfallchirurgie begonnen habe, waren Frauen im Operationssaal in der Regel OP-Schwestern oder Anästhesistinnen", so der 68-Jährige. "Seitdem ist die Medizin weiblicher geworden und damit auch die ehemalige Männerdomäne Chirurgie, wovon alle profitieren. Dass hier am UKL inzwischen so viele Chirurginnen in den verschiedensten Kliniken tätig sind, bestätigt uns, dass unsere Bemühungen um Chancengleichheit und Familienfreundlichkeit am Arbeitsplatz erfolgreich sind", so Josten. 

Viszeralchirurgin Dr. Lena Seidemann ist eine der Operateurinnen am UKL. "Ich habe schon im Studium gewusst, dass ich eher etwas quasi Handwerkliches in der Medizin machen möchte", erzählt die 37-Jährige. Dabei habe sie die Chirurgie durchaus als eher männerdominiertes Fach erlebt. "Ich wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass bei einer Entscheidung dafür es doch schwierig werde mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und ich mir das genau überlegen sollte." Sie hat es sich genau überlegt und wurde Chirurgin und zweifache Mutter. Ihren Alltag am UKL erlebt sie jetzt aber nicht so, wie ihr vermittelt wurde. "Es ist natürlich eine organisatorische Aufgabe, alles unter einen Hut zu bekommen, aber in welchem Beruf ist es das nicht", so Seidemann. Und es braucht Unterstützung - durch die Familie, aber auch durch das Umfeld. Da sei es eine wichtige und große Hilfe, dass ihr Mann viel übernimmt und ihre beiden Kinder in einem der zwei betriebsnahen Kindergärten am UKL betreut werden, mit sehr gut an die Arbeitszeiten angepassten Betreuungszeiten. 

Eine Hilfe sei auch, dass es Frauen gibt, die das Modell schon vorleben, wie Professorin Nada Rayes, ebenfalls Viszeralchirurgin, Oberärztin und Mutter. "Vor 20 Jahren, als ich schwanger wurde und weiterarbeiten und operieren wollte, war das sehr schwer. Es gab sehr viele Widerstände, vor allem auch in den Köpfen." Mit viel Überzeugungskraft und kreativen Lösungen wie einer mit einer anderen Kollegin zeitweise geteilten Stelle ging es dann. Das sei mit der heutigen Situation gar nicht zu vergleichen. "Meine Erfahrung ist, dass an dieser Stelle alle Theorie nichts nützt, wenn die Vereinbarkeit nicht auch gelebt wird und es Vorbilder gibt", so Rayes.

Zu einem solchen wurde auch Lena Seidemann, denn in ihrer Schwangerschaft wurde sie die erste Chirurgin in ihrer Fachabteilung, die trotzdem weiter operieren durfte. "Aufgrund des Risikos für Mutter und Kind arbeiteten die Kolleginnen bisher dann in den Ambulanzen oder erhielten ein Beschäftigungsverbot", erläutert Prof. Rayes. "Mit der Mutterschutzzeit und einer Elternzeit kommen so schnell anderthalb Jahre zusammen, in denen die Ärztinnen nicht operieren können, und das wirft sie natürlich zurück - ganz abgesehen davon, dass sie uns im Team fehlen".

Seidemann wollte nicht auf den Operationssaal verzichten und hat nach Lösungen gesucht und diese gefunden. "Ich wollte nicht so lange pausieren. Schön war, dass mein Anliegen dann vorbehaltslos unterstützt wurde, von Vorgesetzten ebenso wie von der Arbeitssicherheit im Klinikum." Inzwischen gibt es auch schon etliche Nachahmerinnen. Und auch an anderer Stelle geht Lena Seidemann jetzt voran: Als 'clinician scientist' teilt sie aktuell ihre Arbeitszeit zwischen Klinik und Forschung, was ihr ermöglicht, zu operieren und ihre akademische Karriere voranzutreiben. "Vor dem Hintergrund, dass wir mehr Ärztinnen für die Habilitation gewinnen wollen, ist das ein sehr wichtiges Modell", beschreibt Prof. Rayes, die auch Gleichstellungsbeauftragte des UKL und der medizinischen Fakultät ist. "Denn gerade für uns Chirurginnen mit Familie ginge das auf keinen Fall noch nebenbei."                          



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