Für die anstehende umfangreiche Elektrosanierung im Alten Rathauses in Leipzig wurden nicht nur Kunstwerke, Ausstellungselemente und das gesamte Mobiliar im ersten Obergeschoss verpackt und umgelagert, auch die Holzverkleidungen an den Wänden der Ratsstube mussten abgenommen werden, um die dahinter verlaufenden Leitungen erneuern zu können.
Dabei machten die Mitarbeiter der Tischlerei Lutz Dost aus Fuchshain nun eine überraschende Entdeckung. Hinter der Verkleidung verbarg sich eine Nische und in dieser eine Bierflasche der Marke Riebeck mit einer Botschaft darin.
Der Tischlermeister der Firma Gündel & Busse schreibt darin am 13.3.1909 über die Fertigstellung der Wandverkleidung – er benutzt den altertümlichen Begriff „Lamperie“ dafür – bei „furchtbarem Schneewetter“. Inhaber dieser Firma waren Wilhelm Busse und Heinrich Gündel mit einer Fabrik in Neu-Mockau und einer Niederlassung in der Hamburger Straße, wie man dem Leipziger Adressbuch von 1909 entnehmen kann. Erwähnt sind auch die Mitarbeiter Willsenach und Kammel, die man ebenfalls im Adressbuch wiederfinden kann, den Tischler-Anschläger Oskar Willsenach aus Lößnig und den Schlosser Adolph Kammel, wohnhaft in der Elisenstraße (heute Bernhard-Göring-Straße).
Im März 1909 standen Sanierung und Umbau des Alten Rathauses kurz vor der Fertigstellung. Noch im selben Jahr zog das Stadtgeschichtliche Museum Leipzig ein und öffnete im Dezember seine Tore.
1905 hatte in der Ratsstube die letzte Ratssitzung stattgefunden, danach bezog die Stadtverwaltung das eben fertiggestellte Neue Rathaus und die Bauarbeiten im Alten Rathaus begannen.
„Wie gern hätten wir mehr von den Tischlern erfahren über ihre Arbeit und ihr Leben. Aber auch so ist diese authentische Botschaft aus der Vergangenheit überraschend und anrührend, die Tischler Gündel und Busse finden nun einen Platz in der über 450-jährigen Baugeschichte des Alten Rathauses.“ so Ulrike Dura, stellvertretende Direktorin des Stadtgeschichtlichen Museums und Kuratorin für Kunstgeschichte.