Die Wettbewerbsfilme der 66. Ausgabe von DOK Leipzig stehen fest. Damit ist das Filmprogramm komplett. Insgesamt 71 Filme konkurrieren in diesem Jahr um die Goldenen und Silbernen Tauben, darunter 35 Weltpremieren.
„Nachdem während der Pandemie recht viele Filme mit persönlichen Zugängen entstanden sind, blicken die Filme in diesem Jahr wieder verstärkt auf gesellschaftlich und politisch übergreifende Themen. Auch, um zu verstehen, was in der Gegenwart passiert oder wie wir die Zukunft anders gestalten können“, so Festivalleiter Christoph Terhechte.
Der Internationale Wettbewerb Dokumentarfilm umfasst 10 Langfilme und 13 Kurzfilme unter anderem aus Aserbaidschan, Burkina Faso, Kroatien, Madagaskar, den Philippinen, Serbien, Südkorea und der Ukraine. Unter den Produktionen sind sowohl Debütfilme als auch Produktionen etablierter Filmschaffender. Peter Mettler reflektiert in „While the Green Grass Grows“ über Lebenszyklen und das menschliche Dasein. Nikolaus Geyrhalter präsentiert die Weltpremiere seines neuen Films „Stillstand“ über die Hochphase der Covid-19-Pandemie – beobachtet in der Stadt Wien von März 2020 bis Dezember 2021. In „The Wages of John Pernia“ geht Ben Young einer homosexuellen Liebesgeschichte im Wilden Westen nach. „Beauty and the Lawyer“ erzählt von einer jungen armenischen Familie, die versucht, sich eine queere Normalität aufzubauen. In „Kumva – Which Comes from Silence“ stellen sich Überlebende des Genozids in Ruanda 1994 ihren traumatischen Erlebnissen. Und „Where Zebus Speak French“ begleitet eine madagassische Dorfgemeinschaft, die gegen ein kapitalistisch motiviertes Bauvorhaben rebelliert.
Der Internationale Wettbewerb Animationsfilm versammelt 27 Produktionen unter anderem aus Deutschland, Indien, Kanada, Kolumbien, Spanien und Taiwan. Um die neu eingeführte Goldene Taube langer Animationsfilm konkurrieren fünf Werke: In dem Hybridfilm „Johnny & Me“ taucht eine Grafikerin in das satirische Werk des Fotomontage-Künstlers und Antifaschisten John Heartfield ein. Auch „Knit’s Island“ bewegt sich an der Grenze zwischen Dokumentar- und Animationsfilm. Vollständig in einem Online-Game gedreht, führen die Filmemacher in einem virtuellen Dystopie-Szenario Interviews mit den anderen Spieler*innen. „No Changes Have Taken in Our Life“ erzählt von den Schwierigkeiten eines Sousaphonisten in China, nach dem Musikstudium Arbeit zu finden. Zwei unterschiedliche Coming-of-Age-Geschichten erzählen „Tender Metalheads“ und „When Adam Changes“. Während die Einen durch die gemeinsame Leidenschaft für Heavy Metal Freundschaft und Geborgenheit finden, erlebt der Andere, wie abwertende Kommentare über sein Äußeres den Körper tatsächlich transformieren. Außer Konkurrenz gezeigt wird der lange Animationsfilm „Sultana’s Dream“, in dem eine junge Spanierin auf Entdeckungsreise nach dem utopischen Land der Frauen geht.
Im Deutschen Wettbewerb sind 8 kurze und 9 lange Dokumentarfilme nominiert. Viele davon greifen gesellschaftlich oft diskutierte Themen auf und bieten neue Blickwinkel: „Sick Girls“ setzt sich mit ADHS im Erwachsenenalter auseinander – ganz bewusst aus weiblicher Perspektive. Ausgehend von ihrer eigenen Herkunft porträtiert Grit Lemke im Film „Bei uns heißt sie Hanka“ die noch immer lebhafte Kultur der Sorben. In Echtzeit dokumentiert „Einhundertvier“ eine Seenotrettung im Mittelmeer. „Home Sweet Home“ enthüllt eine Geschichte von häuslicher Gewalt, die im Familienidyll der alten Super-8-Aufnahmen nicht sichtbar ist. Lange im Verborgenen geblieben sind auch die Missbrauchsfälle in einem evangelischen Kinderheim, von denen „Die Kinder aus Korntal“ erzählt. Drei Filme setzen sich auf unterschiedliche Weise mit der deutschen Kolonialvergangenheit und ihren Spuren im Heute auseinander („Die Ausstattung der Welt“, „Togoland Projektionen“ und „Schauhaus“).
Der Publikumswettbewerb umfasst acht lange Dokumentarfilme. Einige der Filme haben sich bei bedeutenden internationalen Filmfestivals bereits einen Namen gemacht haben, etwa „A Still Small Voice“ (Sundance) und „Eat Bitter“ (u.a. Hot Docs). Beim Filmfestival in Venedig war „Bye Bye Tiberias” zu sehen. Darin kehrt die Schauspielerin Hiam Abbass („Succession“, „Blade Runner 2049“) mit ihrer Tochter in ihr palästinensisches Heimatdorf zurück. Weitere Filme des Wettbewerbs erzählen True-Crime-Geschichten („The Gullspång Miracle“), stellen sich unterdrückten Traumata („The Mother of All Lies“ und „My Father, Nour and I“), begleiten eine 84-jährige DJane („Vika!“) und schauen hinter die Kulissen italienischer Strandurlaube („Vista Mare“).
Die Sektion „Camera Lucida – Außer Konkurrenz“ versammelt fünf Filme mit starken künstlerischen Handschriften, welche die Konventionen des Kinos herausfordern. Jim Finn kehrt mit „The Apocalyptic Is the Mother of All Christian Theology“ zum Festival zurück – eine humorvolle, psychedelische Montage über das Wirken des Apostels Paulus. Mit den Grausamkeiten des kommunistischen Regimes in China setzt sich bei „Man in Black“ der nackt performende Komponist Wang Xilin auseinander. „The Tuba Thieves” erkundet die Bedeutung von Klang und Hören, „Feet in Water, Head on Fire“ führt in der Betrachtung kalifornischer Dattelpalmen Vergangenes und Gegenwärtiges zusammen und in „Play Dead!“ begegnet Matthew Lancit der Angst vor den Folgen seiner Diabetes mit selbstinszeniertem Body-Horror.
Insgesamt präsentiert das Festival 225 Filme und XR-Arbeiten aus rund 60 Ländern.
Mit der Veröffentlichung des Filmprogramms ist auch der Online-Ticketverkauf für die 66. Festivaledition gestartet. Alle Jugendlichen, die in Deutschland leben und dieses Jahr den 18. Geburtstag gefeiert haben oder feiern werden, können mit ihrem KulturPass kostenfrei Tickets erwerben.
Einige der Filme präsentiert das Festival zudem bei freiem Eintritt in der Osthalle des Leipziger Hauptbahnhofs sowie im Polnischen Institut.
Zum Online-Filmprogramm inklusive aller Termine & Ticketvorverkauf:
DOK Leipzig Programm