Am 30. August 2019 wird auf der Homepage der Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig eine digitale Karte „NS-Zwangsarbeit in Leipzig“ freigeschaltet. Sie zeigt mehr als 700 Unterkünfte und Lager von ausländischen Zwangsarbeiter_innen, die im städtischen Großraum während des Zweiten Weltkriegs im Einsatz waren.
Während des Zweiten Weltkriegs waren in und um Leipzig Zehntausende ausländische Zwangsarbeiter_innen im Einsatz. Sie arbeiteten in Rüstungsbetrieben, Werkstätten, Tagebauen und städtischen Einrichtungen. Bei Kriegsende war fast jede vierte Arbeitskraft in der deutschen Wirtschaft eine Zwangsarbeiterin oder ein Zwangsarbeiter.
Überall in der Stadt wurden Lager errichtet oder Gebäude zu Unterkunftszwecken umgenutzt. Im Großraum Leipzig entstanden mehr als 700 solcher Zwangsarbeitslager. Neben großen Barackenlagern für Tausende Menschen gab es vor allem viele kleinere Unterkünfte – Turnhallen, Schulen, Gaststätten, Festsäle, Kleingartenvereinsheime und Privatwohnungen. Der Zwangsarbeitseinsatz wurde zum Alltag der deutschen Bevölkerung – Kontakte waren unvermeidbar und alltäglich. „NS-Zwangsarbeit war ein öffentliches und sichtbares Verbrechen“, betont Anne Friebel, Mitarbeiterin der Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig, die die Informationen in den letzten Jahren zusammen getragen hat.
Die Karte bildet den aktuellen Stand der Forschungen zu Zwangsarbeitslagern im Raum Leipzig während des Zweiten Weltkriegs 1939-1945 ab. Zu jeder der mehr als 700 Markierungen gibt es detaillierte Informationen, sofern sie schon erforscht sind. „Fast 75 Jahre nach Kriegsende lassen sich manche Lager nicht mehr lokalisieren, oder es gibt keine Informationen mehr darüber, welche Firma dort Zwangsarbeiter_innen unterbrachte“, so Friebel. „Für die meisten Lager ist die Datengrundlage aber gut – wir haben Akten aus dem Leipziger Stadtarchiv und dem Sächsischen Staatsarchiv ausgewertet und in vielen anderen Archiven recherchiert. Teilweise kommen die Informationen auch von den ehemaligen Zwangsarbeiter_innen oder ihren Familien.“
Die Karte ist online frei zugänglich und richtet sich an eine breite Öffentlichkeit – „vor allem bei den Familien der ehemaligen Zwangsarbeiter_innen nimmt das Interesse zu, mehr über diese Zeit und das Schicksal ihrer Vorfahr_innen zu erfahren. Auf der Karte können sie nun erste Anhaltspunkte finden. Aber auch für die Menschen in Leipzig kann es interessant sein, ihre Stadt und ihr Wohnumfeld mal mit anderen Augen zu sehen“.
Anne Friebel betont vor allem den interaktiven Charakter der digitalen Karte: „Die Karte wird fortlaufend mit neuen Forschungserkenntnissen erweitert. Falls jemand noch Hinweise oder ergänzende Informationen zu Lagern hat, die uns noch nicht bekannt sind, oder über die wir kaum etwas wissen, freuen wir uns auch über eine Kontaktaufnahme.“
Die digitale Karte „NS-Zwangsarbeit in Leipzig“ wird am 30. August 2019 auf der Homepage der Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig freigeschaltet: http://zwangsarbeit-in-leipzig.de/karte