Kindheit und Jugend sind zentrale Entwicklungsphasen, in denen die grundlegenden Weichen für eine lebenslange Gesundheit gestellt werden. Um in dieser Zeit die bestmögliche Krankheitserkennung und Behandlung sowie eine umfassende Versorgung nach dem neuesten Stand der Forschung zu gewährleisten, ist ein weiteres Deutsches Zentrum der Gesundheitsforschung ins Leben gerufen worden. Das künftige Deutsche Zentrum für Kinder und Jugendgesundheit (DZKJ) bündelt die fachliche Kompetenz von Universitätskliniken und Universitäten an sieben Partnerstandorten: Berlin, Göttingen, Greifswald/Rostock, Hamburg, Leipzig/Dresden, München und Ulm. Expert:innen aus verschiedenen Forschungsgebieten arbeiten hier themenübergreifend zusammen. Neben den Universitätskliniken und Universitäten sind ebenso außeruniversitäre Forschungseinrichtungen wie Max-Planck-Institute, Fraunhofer-Institut, Helmholtz- und Leibniz-Zentren beteiligt. Die zweijährige Aufbauphase wird mit insgesamt 30 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Daran soll sich eine langfristige institutionelle Förderung anschließen.
Prof. Dr. Jutta Gärtner, Göttingen, Sprecherin des DZKJ erklärt die Mission des neuen Zentrums: „Die Kinder- und Jugendmedizin umfasst das gesamte komplexe Spektrum von Erkrankungen des sich entwickelnden Organismus. Organübergreifende Krankheitsmechanismen und Behandlungsansätze spielen dabei eine ganz zentrale Rolle. Durch die enge Zusammenarbeit der Expertinnen und Experten im DZKJ kommen die neuesten Forschungsergebnisse direkt und zeitnah den jungen Patientinnen und Patienten zugute.“
Die interdisziplinäre Forschung umfasst ein breites Spektrum von seltenen genetischen Erkrankungen, Immunität, Entzündung, Infektion, Entwicklung des Zentralen Nervensystems und neurologische Erkrankungen, Adipositas, frühe Determinanten von Gesundheit und Krankheit, psychosoziale und mentale Gesundheit bis zur Community Medicine. Standortübergreifend werden Plattformen zu Klinischen Studien, Forschungsdatenmanagement und neuen biotechnologischen Methoden, zum Beispiel Omics-Technologien, Gen- und Zelltherapien, etabliert. Eine gemeinsame Plattform wird die Zusammenarbeit mit dem sich ebenfalls im Aufbau befindlichen Deutschen Zentrum für Psychische Gesundheit (DZPG) fördern. Der Aufbau einer DZKJ-weiten Patient:innen- und Probandenkohorte sowie die Vorbereitung gemeinsamer klinischer Studien und Biobanken sind wichtige Querschnittsaktivitäten. Von besonderer Bedeutung ist die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Im Rahmen einer übergreifenden DZKJ-Akademie sollen spezielle Weiterbildungs- und Mentoring-Programme entwickelt werden.
Kinder und Jugendliche sowie ihre Eltern werden von Anfang an in die Forschungsaktivitäten und in die Organisation des Zentrums einbezogen. Ein besonderer Schwerpunkt ist dabei, Patient:innen zu befähigen, sich direkt in die Planung und Durchführung von Forschungsprojekten einzubringen. Elternvertreterin Anja Bratke und Patient:innenvertreter Stephan Kruip sagen dazu: „Wir sehen die Chance, dass sowohl die Forschungsprojekte, als auch die betroffenen Kinder und ihre Eltern von dieser neuen Art der Patient:innenbeteiligung profitieren. Kinder und Jugendliche sind oft schon kleine Expert:innen, was ihre eigene Erkrankung angeht. Sie und ihre Eltern im neugegründeten DZKJ auf so innovative Weise einzubeziehen, ist ein großer Schritt zur Stärkung der Patient:innenrechte“.
Das DZKJ wird durch interdisziplinäre und innovative Forschung einen wichtigen Beitrag zur internationalen Spitzenforschung im Bereich der Kinder- und Jugendmedizin leisten. Ziel ist es, Kindern und Jugendlichen in Deutschland in allen Phasen ihrer Entwicklung eine optimale, dem aktuellen Stand der Forschung entsprechende Krankheitserkennung und –behandlung zu gewährleisten.
Leipzig/Dresden ist mit SaxoCHiLD am Deutschen Zentrum für Kinder- und Jugendgesundheit beteiligt
Der interdisziplinäre Forschungsverbund SaxoChiLD vereint Ärzt:innen und Naturwissenschaftler:innen der Universität Leipzig, der Technischen Universität Dresden (TUD), des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung GmbH (UFZ), des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie (MPI-EVA), des Helmholtz-Instituts für Metabolismus-, Adipositas- und Gefäßforschung (HI-MAG) des Helmholtz Zentrums Munich an der Universität Leipzig, sowie des Robert Koch-Instituts (RKI). Prof. Dr. Antje Körner von der Universität Leipzig und Prof. Dr. Reinhard Berner (TUD) sind Sprecher des Doppelstandortes. SaxoChiLD kombiniert die umfassende epidemiologische Untersuchung der Gesundheit und Entwicklung von Kindern und Jugendlichen unter den heutigen komplexen Einflüssen von Umwelt und Gesellschaft mit experimentellen Ansätzen zur Erforschung der Mechanismen und Determinanten von Gesundheit und Krankheit. Forschungsschwerpunkte sind dabei unter anderem Adipositas und psychische Erkrankungen, Erkrankungen des Immunsystems und Infektionskrankheiten, sowie die Entwicklung von Konzepten zu Prävention und Versorgung von Kindern und Jugendlichen auf Bevölkerungsebene. Weiterhin soll unter Beteiligung von Betroffenen ein Konzept entwickelt werden, wie die Einbindung von Kindern, Jugendlichen und Eltern in die aktive Planung, Umsetzung, und Auswertung von wissenschaftlichen Studien umgesetzt werden kann.
An der Universität Leipzig koordiniert Prof. Dr. Antje Körner die DZKJ-Forschungsschwerpunkte zu wichtigen Einflussfaktoren auf die Entwicklung von Kindern und Entstehung von Zivilisationserkrankungen. „Gemeinsam mit Kolleg:innen aus der Kinder- und Jugendmedizin, Psychologie, Kinderzahnmedizin und Bioinformatik sind wir federführend bei den Forschungsfeldern Adipositas/Metabolismus, sowie frühe Determinanten von Gesundheit und Krankheit und können hierbei auf die einzigartige Ressource der Leipziger Langzeitstudie LIFE Child aufbauen“, betont die Leipziger Projektkoordinatorin. Gemeinsam mit der Partnerinstitution HI-MAG werden insbesondere innovative Forschungsansätze zu Ursachen und Komplikationen der Adipositas bei Kindern verfolgt.
Unter der Leitung von Prof. Dr. Reinhard Berner, Direktor der Kinderklinik am Universitätsklinikum in Dresden, und Prof. Dr. Veit Roessner, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, ist es das Ziel, Mechanismen der Entwicklung des Immunsystems und deren Störungen, die Anfälligkeit gegenüber Infektionen, der Entwicklung von Frühgeborenen sowie Störungen der Psyche und der Neurokognition zu erforschen. Hierbei sollen insbesondere Konzepte für eine personalisierte Diagnose, Prävention und Intervention entwickelt werden.
Am UFZ koordiniert Prof. Dr. Ana Zenclussen, Leiterin des Departments Umweltimmunologie, die DZKJ-Vorhaben und verfolgt gemeinsam mit den DZKJ-PIs am UFZ das Ziel, Umwelt- und Klimaeinflüsse auf die kindliche Entwicklung und Gesundheit von der Schwangerschaft an aufzudecken. Dafür steht dem UFZ die eigene Mutter-Kind Kohorte LiNA zur Verfügung. Mechanistische Zusammenhänge mit besonderem Fokus auf Immunsystem-vermittelte Effekte werden mit Hilfe einer breiten Palette an experimentellen Ansätzen untersucht.
SaxoChiLD verfolgt damit einen neuen übergreifenden und ganzheitlichen Forschungsansatz für das Verständnis der Entstehung von häufigen und seltenen Erkrankungen. Konzepte der Prävention, Therapie und Versorgung sollen neu gedacht und entwickelt werden, um die grundsätzlichen Fragen zu beantworten, welche Faktoren Voraussetzung dafür sind, dass Kinder und Jugendliche sich gesund entwickeln und aufwachsen können.