Filmische Panoramen vom Zustand der Welt, kämpferische Protagonist*innen, visuell einnehmende Werke und philosophische Blicke auf Mensch und Umwelt – die Filme der Deutschen Wettbewerbe bei DOK Leipzig steht fest.
„Für das Programm der Deutschen Wettbewerbe konnten wir aus einer Vielfalt von Themen und Perspektiven auf die Welt schöpfen. Vor allem ist aber auch die Bandbreite filmischer Formen höchst erfreulich und demonstriert die künstlerischen Möglichkeiten des heutigen Dokumentarfilmschaffens. Der experimentierfreudige Nachwuchs trifft in den Wettbewerben auf etablierte Künstlerinnen und Künstler“, so Festivalleiter Christoph Terhechte über die Auswahl. „Es bleibt dabei nicht nur bei einem genauen Blick auf Deutschland, eine grenzüberschreitende Weitsicht auf die Welt zeugt von einer starken Neugier auf internationale Schauplätze und lokale Geschichten außerhalb Deutschlands: teils tiefgründig forschend, mancher Film als Panorama auf ausgedehnte Landschaften, darunter auch starke Portraits und Familienbande, und stellenweise schlichtweg urkomisch.“
Insgesamt 17 Produktionen hat die Auswahlkommission für den Deutschen Wettbewerb langer Dokumentar- und Animationsfilm sowie den Deutschen Wettbewerb kurzer Dokumentar- und Animationsfilm ausgewählt. Darunter sind zwölf Weltpremieren, eine europäische und vier deutsche Premieren. In beiden Wettbewerben ist das Geschlechterverhältnis der Regieführenden ausgeglichen. Auch die anderen Wettbewerbe des Festivals, die in den kommenden Wochen verkündet werden, sind im Bereich Regie genderparitätisch besetzt.
Einige der Filme bearbeiten drängende Fragen unserer Zeit. Thematisiert werden u.a. die in Deutschland endende Energiegewinnung aus Atomkraft und die Frage der Endlagerung, die Urbanisierung afrikanischer Gesellschaften am Beispiel von Addis Abeba oder die lebensgefährliche Flucht von Schutzsuchenden über das Mittelmeer nach Europa. Tagespolitische Aktualität erhält letzteres Thema, da das Sea-Watch-Aufklärungsflugzeug Moonbird, aus dem heraus für den Film „Operation Moonbird“ über dem Mittelmeer gedreht wurde, diesen Monat durch die italienische Regierung festgesetzt worden ist. Eine Fortführung der Aufklärungs- und Rettungsmission wird dadurch behindert.
Andere Arbeiten regen das Nachdenken über Identität, Vorurteile und Diskriminierung an. So wird etwa die Faszination von Deutschen für die indigene Bevölkerung Nordamerikas, die sogenannten „Indianer“, und die damit verbundene kulturelle Aneignung problematisiert. Ein satirischer Blick auf den Kunstbetrieb stellt vorhandene Geschlechterrollen infrage. Geschichten von Emanzipation und Selbstbehauptung begleiten junge Ägypterinnen beim Gewichtheben und eine syrisch-orthodoxe Nonne, die im muslimisch geprägten Umfeld für ihre Existenz einsteht.
Einige der beteiligten Regisseur*innen waren bereits mit Filmen bei DOK Leipzig vertreten. Andreas Voigt etwa kehrt mit einem Film über Menschen im Grenzland zwischen Deutschland, Polen und Tschechien nach Leipzig zurück, 2015 eröffnete er das Festival mit seiner Langzeitbeobachtung „Alles andere zeigt die Zeit“. Carsten Rau war zuletzt mit seinem Publikumserfolg „Willkommen auf Deutsch“ 2014 in Leipzig vertreten. Martina Priessner war mit ihrer aktuellen Produktion letztes Jahr auf der Branchenplattform des Festivals, DOK Industry, zu Gast – ihr Film war Teil der Rohschnitt-Präsentationen von DOK Preview Germany. Außerdem gewann die Animationsfilmemacherin Anne Isensee 2017 für ihren Film „Megatrick“ die Goldene Taube in Leipzig.
Die diesjährigen Preisträgerfilme werden am Festivalsonntag (1.11.2020) präsentiert. Die Filme des Deutschen Wettbewerbs Langfilm sind für eine Goldene Taube nominiert, die Filme im Deutschen Wettbewerb Kurzfilm für eine Silberne Taube. Mitglieder der Jury sind die Cutterin und Filmemacherin Bettina Böhler, die Schauspielerin Anne Ratte-Polle und Alex Moussa Sawadogo, künstlerischer Leiter des Festivals Afrikamera.
Eine Auswahl der Filme ist außerdem für Preise von Partnern nominiert: den DEFA-Förderpreis, den Dokumentarfilmpreis des Goethe-Instituts, den ver.di-Preis für Solidarität, Menschlichkeit und Fairness, den MDR Filmpreis, den Gedankenaufschluss-Preis, den Young Eyes Film Award und den mephisto 97.6-Publikumspreis.