Nutzen statt abregeln: Dieses Prinzip verfolgen die Leipziger Stadtwerke und der Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz. Im Rahmen einer Kooperation werden die beiden Energieunternehmen eine Power-to-Heat-Anlage (PtH) im Heizwerk Nord-Ost in der Heiterblickstraße 29 errichten. Es ist die erste Anlage dieser Art in Leipzig. Sie stellt ein Etappenziel auf dem Leipziger Weg zur Dekarbonisierung der Wärmeversorgung dar. Langfristig wollen die Leipziger Stadtwerke ihre heute rund 6.000 Kunden mit klimaneutraler Wärme versorgen. Betreiber der Anlage werden die Leipziger Stadtwerke sein, 50Hertz übernimmt die Investitionen in Höhe von bis zu 4,1 Millionen Euro. Die Anlage soll bis zum Jahresende fertiggestellt werden und anschließend in Betrieb gehen.
"Mit zunehmendem Ausbau von erneuerbarer Stromerzeugung wird es künftig immer häufiger Zeiten geben, in denen elektrische Energie im Überfluss entsteht oder nicht abtransportiert werden kann - abhängig von Sonnenschein und Wind. Genau hier setzt Power-to-Heat an: Anstatt Windkraft- oder Photovoltaikanlagen abzuregeln und die Potenziale verpuffen zu lassen, produzieren wir grüne Fernwärme aus diesen Überschüssen und können im Gegenzug unsere wärmeerzeugenden Kraftwerke herunterregeln", sagt Karsten Rogall, Geschäftsführer der Leipziger Stadtwerke. "Das ist sinnvoll und nachhaltig. Im Zuge der Energiewende werden alternative Methoden zur Energienutzung wie Power-to-Heat unverzichtbar."
Die Erzeugung von Wärme in einer PtH-Anlage ist vergleichbar mit dem Vorgang in einem Tauchsieder oder Wasserkocher. In einem großen Behälter befinden sich elektrische Heizstäbe, die von Wasser umströmt werden. Auf Anforderung von 50Hertz kann dieser sogenannte Widerstandserhitzer eingeschaltet werden und erhitzt das Wasser mit Strom aus eneuerbare-Energien-Anlagen, die zu diesem Zeitpunkt mehr Strom erzeugen als regional verbraucht oder abtransportiert werden kann. Der Wirkungsgrad dieser Erhitzer mit Widerstandsheizelementen ist sehr hoch, fast die gesamte elektrische Energie wird in Wärmeenergie umgewandelt. Da Wärmeerzeugung und Wärmeverbrauch zeitlich nicht immer deckungsgleich sind, kann das erhitzte Wasser in den beiden Wärmespeichern der Leipziger Stadtwerke zwischengespeichert und zu einem späteren Zeitpunkt in das Fernwärmenetz eingespeist werden. Die geplante PtH-Anlage hat eine Leistung von zehn Megawatt (MW), das entspricht ungefähr der Heizleistung von 1.000 Heizungen in Einfamilienhäusern.
Einspeisung und Verbrauch im Gleichgewicht
Dr. Dirk Biermann, Geschäftsführer Märkte und Systembetrieb von 50Hertz, weist insbesondere auf den systemdienlichen Effekt von PtH-Anlagen im Energiesystem der Zukunft hin. "Als Übertragungsnetzbetreiber ist es unsere Aufgabe, die erneuerbaren Energien so effizient und vollständig wie möglich in das elektrische Gesamtsystem zu integrieren, und dabei immer das Gleichgewicht aus Einspeisung und Verbrauch zu gewährleisten. Technologien, die Strom in Wärme oder Strom in Wasserstoff umwandeln, aber auch kleine Solarspeicher, Batterien von Elektrofahrzeugen und auch Wärmepumpen werden in Zukunft eine immer größere Rolle spielen, um diese Aufgabe erfüllen zu können."
Die Kooperation zwischen Leipziger Stadtwerken und 50Hertz beruht auf einer Regelung im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG). Auf dieser Grundlage können Übertragungsnetzbetreiber die Kosten für die Errichtung von PtH-Anlagen übernehmen, wenn dadurch kostengünstig und effizient Netzengpässe beseitigt werden. Das ist in Leipzig der Fall, weshalb 50Hertz die Investitionen in die Anlage übernehmen wird. Weitere PtH-Kooperationen hat 50Hertz mit Fernwärmebetreibern in Hamburg, Rostock, Neubrandenburg, Stralsund, Parchim, Halle und Erfurt abgeschlossen.