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DOK Leipzig 2024 | Max Cooper: Cardano Circles (Regie: Mario Carrillo)
DOK Leipzig 2024 | Max Cooper: Cardano Circles (Regie: Mario Carrillo)

Animationsfilm zwischen Kunst, Politik und Clubkultur bei DOK Leipzig

Animation Perspectives, Animation Night und Industry-Angebote

10.09.2024 Veranstaltungen
DOK Leipzig

Optisch-kinetische Wunder, poetisch-existentialistische Gespräche und Schattenparaden auf dem Phenakistiskop – DOK Leipzig präsentiert auch dieses Jahr wieder große Namen und aufregende Geheimtipps der Animationsfilmbranche in Leipzig.

Bei „Animation Perspectives“ bringt Kurator André Eckardt wieder zwei herausragende junge Animationskünstlerinnen auf die Bühne, die in einem moderierten Gespräch einander und dem Publikum ihre Werke vorstellen und Einblicke in ihre Arbeitsweisen und Werkstätten geben. Mit Gudrun Krebitz und Moïa Jobin-Paré kommen zwei international gefeierte Künstlerinnen nach Leipzig, deren künstlerische Handschriften auf den ersten Blick nicht unterschiedlicher sein könnten. Die Arbeitsweisen der in Graz geborenen und in Berlin lebenden Gudrun Krebitz umfassen frei gezeichnete Animationsfilme bis hin zu raumgreifenden Installationen, ihre meisterhaft lakonisch-poetischen Texte führen in das eigenwillige Innenleben ihrer meist weiblichen Filmfiguren. Die in Montreal ansässige Moïa Jobin-Paré, die auch als Soundartistin unterwegs ist, nähert sich dieser Vielheit aus entgegengesetzter Richtung. Sie bearbeitet Fotos, die sie auf ihren Streifzügen findet, indem sie Spuren wie Schichtabkratzungen animiert.

Gemeinsam ist beiden die Intensität und die Sinnlichkeit, mit der sie die Verfasstheit ihrer Protagonistinnen beschreiben und durch sie hindurch die Welt um sich herum zu kommentieren. Jobin-Paré beziehungsweise ihre schattenhaften Stellvertreterinnen eignen sich kreativ die Welt an, indem sie in die Aufnahmen einer tristen Stadtlandschaft leuchtende Farben ritzen und der Ödnis auf diese Weise Leben einhauchen. Krebitz‘ Figuren bemühen sich um einen Platz im Smog der Stimmen und Ansichten anderer, gehen schließlich aber lieber nach Hause, um zu träumen, oder vertrauen ihre Gedanken dem Mond an. Ihre Protagonistinnen sind ebenso selbstbewusst wie flüchtig, eigensinnig wie poetisch – mit einer Zigarettenlänge Existenzialismus. 

Am Freitagabend der Festivalwoche lädt DOK Leipzig zur „Animation Night“ in die Schaubühne ein. Ebenfalls kuratiert von André Eckardt dreht sich an diesem Abend alles um einen der wunderbaren Anfänge der Animationskunst: das Phenakistiskop, eine Kombination von Kamera und Schallplattenspieler. Zunächst für die wissenschaftliche Visualisierung eines pumpenden Herzes genutzt, ist die Technik aus dem 19. Jahrhundert längst Teil der heutigen Clubkultur.  Von der halluzinierenden Visualisierung eines Electronica-Tracks von Max Cooper, über frühe Arbeiten der Computeranimation, bis zurück zu historischen Wunderscheiben aus dem 19. Jahrhunderts präsentiert der Abend einen faszinierenden Einblick in die Möglichkeitsräume der Animation, abgerundet mit einer Live-Performance britischen Künstlerduo „Sculpture“, die in einem Live-Set Soundschnipsel aus gefundenen Magnettonbändern collagieren.

DOK Leipzig baut sein Branchenprogramm für Animation weiter aus

Auch die Branchenangebote zum Animationsfilm werden in diesem Jahr weiter ausgebaut. Mit der Gesprächsreihe „Animation Perspectives“ beginnt auch bei DOK Industry ab Donnerstagabend eine vertiefte Beschäftigung mit der Animation. Am Folgetag gibt die Animationskünstlerin Isabel Herguera, der das Festival eine seiner Hommagen widmet, in einer Meisterklasse Einblicke in ihre Arbeitsweise. Die weiteren Angebote umfassen das „Animation Lab DOK Leipzig“ (in Zusammenarbeit mit CEE Animation), das Vernetzungstreffen „Animation Meets Doc“, das zu Austausch und Vernetzung von Dokumentar- und Animationsfilmschaffenden einlädt, und wie erwähnt die „Animation Night“.

Nadja Tennstedt, Leiterin von DOK Industry, über den Fokus auf Animation: „Seit 2023 vergibt DOK Leipzig eine Goldene Taube an einen herausragenden langen Animationsfilm. Wir haben das zum Anlass genommen, auch bei DOK Industry die Angebote zum Animationsfilmschaffen zu erweitern. Unser Fokus liegt auf Animationsfilmen mit markanten künstlerischen Handschriften und Perspektiven, und natürlich auf Projekten, die Elemente von Animations- und Dokumentarfilm miteinander verbinden. Mit unserer Brandbreite an Angeboten wollen wir insbesondere auch die Vernetzung und Zusammenarbeit zwischen Dokumentar- und Animationsfilmschaffenden fördern.“

Nach der erfolgreichen Erstausgabe präsentiert DOK Industry in Zusammenarbeit mit CEE Animation (CEE Animation Forum, die größte Branchenplattform für europäische Animationsprojekte in Mittel- und Osteuropa) die zweite Ausgabe des „Animation Lab DOK Leipzig“. Dokumentarfilmproduzent*innen, die ihren ersten animierten Dokumentarfilm (Kurzfilm, Spielfilm oder Serie) entwickeln, können in dem viertägigen Workshop ihr Wissen über Produktion und Vertrieb von animierten Dokumentarfilmen vertiefen. Der Workshop wird von dem renommierten Produzenten Jean-François Le Corre (Vivement-Lundi!, „Flee“) und dem multidisziplinären Künstler Uri Kranot (ANIDOX) geleitet und vom CEE Animation Team begleitet.

Eine Fallstudie von Jean-François Le Corre verbindet darüber hinaus das „Animation Lab DOK Leipzig“ mit dem branchenöffentlichen Programm bei DOK Industry. Darin stellt Le Corre die international koproduzierte Work-in-Progress-Arbeit „Suzanne“ vor. Der animierte Dokumentarfilm von Joëlle Oosterlinck und Anaïs Caura zeichnet das Leben der plastischen Chirurgin Susanne Noël nach und setzt dabei gezielt 2D-Animation und koloriertes Archivmaterial ein. Die Veranstaltung ist offen für Akkreditierte.

Die vollständigen Filmlisten der oben beschriebenen Reihen finden Sie hier:
Filmlisten Animation Perspectives + Animation Night

Das vollständige Programm von DOK Leipzig inklusive aller Termine wird am 10. Oktober veröffentlicht. Gleichzeitig startet der Ticketverkauf.



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