Die Absage der Leipziger Buchmesse mitsamt dem Lesefestival »Leipzig liest« hat auch die naTo getroffen. Insgesamt 24 Lesungen in 3 Spielstätten können nicht wie geplant stattfinden, die gute Nachricht aber ist: Es gibt ein Alternativprogramm. Leipzig kann’s Lesen nicht lassen und deshalb finden am Freitag, den 13. März 2020, ab 20.30 Uhr und am Samstag, den 14. März 2020, ab 19 Uhr Lesungen in der naTo statt.
Für den 13. März 2020 wurde kurzerhand ein Programm mit Leipziger Literaturschaffenden auf die Beine gestellt. Antje Heuer, Architektin und Prosa-Autorin, und Alexander Pape, der neben seiner Arbeit als Rechtsanwalt Kurzgeschichten veröffentlicht, eröffnen den Abend. Ihnen folgt Ralph Grüneberger, der sich in etlichen Werken immer wieder seiner Heimatstadt Leipzig widmet und an diesem Abend von Gitarrist Jörg Schneider musikalisch begleitet wird. Am darauffolgenden Abend können diejenigen, die sich bereits die Lesungen am 14. März im Kalender markiert hatten, zumindest in Teilen aufatmen. Schauspieler Frank Arnold liest nach Einführung durch Sabine Franke aus Simon Ravens »Fielding Gray«. Zu Gast an diesem Abend ist auch Debra Jo Immergut. Sie liest wie geplant aus ihrem Roman »Die Gefangenen«. Statt um 18 Uhr beginnt die Veranstaltung nun allerdings eine Stunde später, um 19 Uhr.
Die naTo ist ein Soziokultureller Verein, der für die Ausrichtung außergewöhnlicher Live-Konzerte in den Bereichen Jazz und neue Musik sowie für die Förderung von Theaterprojekten, Nachwuchskünstlern und soziokulturellen Projekten jenseits des Mainstreams bekannt ist. In den 80er Jahren begann die spannende Geschichte des Hauses auf der Karl-Liebknecht-Straße. Heute ist die naTo eine kulturelle Institution im Leipziger Süden.
Das Alternativprogramm der naTo im Überblick:
Leipzig kann’s Lesen nicht lassen
Fr, 13. März | die naTo (Karl-Liebknecht-Str. 46)
20.30
»Verlust & Rettung« | Antje Heuer & Alexander Pape
Texte, die ihre Spots in die Mitte des Lebens lenken: Sie erzählen von einem Umtrunk am letzten Augusttag, einem Mann, dessen Schulter von der Gewehrkugel eines Freundes getroffen wird oder von einem Schnee-Elefanten im Krankenhaushof, der eine Frau am Leben halten soll. Es geht um Verluste und die Schwierigkeit, zu lieben, um Differenzen zwischen Wunsch und Wirklichkeit, darum, zu kämpfen und sich Raum zu schaffen im Hier und Jetzt. In kurzen Prosastücken entwickeln zwei Leipziger Autoren Bilder von Begegnungen zwischen Männern und Frauen, die alltäglich scheinen und doch das Ganze in den Blick nehmen.
Antje Heuer, geboren 1962, ist Architektin mit journalistischer Ausbildung und betreibt mit Partnern ein Architekturbüro in Leipzig. Sie schreibt Prosa und Kritiken, unter anderem war sie
viele Jahre Autorin der Kolumne Aufbau Ost im Magazin kreuzer. Sie publiziert in Literatur- und Fachzeitschriften.
Alexander Pape, geboren 1962, arbeitet in Leipzig als Rechtsanwalt. Er schreibt insbesondere Kurzprosa, veröffentlicht Kurzgeschichten in Literaturzeitschriften und tritt regelmäßig im Rahmen von Lesungen auf.
Eintritt: frei
22.00
»Leipzig-Lyrik« und »Leipziger Geschichten« | Ralph Grüneberger, Jörg Schneider (Musik)
Ralph Grüneberger, der sich literarisch immer wieder seiner Heimatstadt widmet, veröffentlichte im Februar 2020 die »Leipziger Geschichten« und 2019 den Leipzig-Roman »Herbstjahr«, 2017 gemeinsam mit Walter Thomas Heyn das »Leipziger Liederbuch«, davor seine Leipzig-Gedichte »Mit Mick Jagger in Plagwitz« (2015). Dem voraus ging 2006 der Titel »Leipzig - Poetische Ansichten«, ein Buch, das Grüneberger gemeinsam mit der Fotografin Sigrid Schmidt entwickelt hat. Bereits 1990 hatte Grüneberger mit Unterstützung von Michael Hofmann und Thomas Schinköth den Stadtführer »3 x Leipzig« publiziert. Ein weiteres Sachbuch folgte kurz darauf; 1992 porträtierte er gemeinsam mit Bernd Lindner in dem Band »Demonteure. Biographien des Leipziger Herbst« 20 Montagsdemonstranten. Auch über die seinerzeit illegale Lyriklesung auf dem (nunmehr verlandeten) Leipziger Elsterstausee kuratierte Ralph Grüneberger eine Wanderausstellung und erarbeitete zusammen mit Gerhard Pötzsch im Zeitraum 2003-2007 ein Radiofeature und einen Dokumentarfilm.
Der in Leipzig lebende Gitarrist Jörg Schneider ist bekannt aus der Zusammenarbeit mit Jens-Paul Wollenberg, der Bluesband last fair deal (über 1000 Konzerte), dem Duo mit Franz Schwarznau (Kontrabass) oder im Trio noch mit Matthias Macht (Schlagzeug) sowie seinem aktuellen Trio three forks (mit Schneider, Schwarznau, Macht).
Eintritt: frei
Sa, 14. März | die naTo (Karl-Liebknecht-Str. 46)
19.00
»Simon Ravens Romanserie ‚Almosen fürs Vergessen‘ startet mit ‚Fielding Gray‘« | Sabine Franke (Einführung), Schauspieler Frank Arnold (Vorleser)
Fielding Gray ist der strahlende Star der Schule. Brillant in Latein und Griechisch, glänzt er auch beim Cricket und vermag es, alle mit seiner Attraktivität, seiner Eloquenz und einem charmanten Hang zum Draufgängertum für sich einzunehmen. Kurz bevor er 1945 sein letztes Schuljahr antritt, verliebt er sich in den zurückhaltenden blonden Christopher, an dem ihn vor allem dessen Unschuld fasziniert. Obwohl sein bester Freund vor einem möglichen Skandal warnt und ihn ein Konkurrent um die Position des Schulkapitäns offensichtlich genau im Blick behält, bahnt sich eine Tragödie an — und auch außerhalb der Schule gerät Fielding Grays verheißungsvolle Zukunft ins Wanken.
»Fielding Gray« ist ein berührender Roman über Freundschaft und enttäuschte Erwartungen, Begehrlichkeit und schicksalhaftes Scheitern, manipulative Machenschaften und Schuld. Und er ist der erste Teil der Romanreihe »Almosen fürs Vergessen« des britischen Autors Simon Raven, die endlich auch hierzulande entdeckt werden kann. Mal mehr, mal weniger locker mit dem Lebensweg des englischen Berufssoldaten und Schriftstellers Fielding Gray verbunden, der nach einem Indienaufenthalt auch auf Zypern und in Deutschland stationiert ist, umspannen die zehn Romane erzählerisch die Jahre 1945 bis 1973. Sie sind miteinander verwoben durch die Mitglieder einer Gruppe privilegierter Internatsschüler, die sich im ersten Band »Fielding Gray« eben anschicken, in verschiedene politische, publizistische, wirtschaftliche und militärische Schaltstellen des britischen Gesellschaftslebens aufzurücken.
Berührend, unerschrocken und höchst unterhaltsam erzählt Simon Raven davon, wie »menschliches Bemühen und Wohlwollen beständig dem heimtückischen Wirken von Zeit, Zufall und der übrigen Menschheit ausgesetzt sind«. Ein elitäres Bildungssystem, der Zusammenbruch des Britischen Reiches, Suezkrise und Kalter Krieg, Atomwaffenentwicklung und Studentenrevolte bilden den Hintergrund, vor dem die moralische Hybris und die menschlichen Schwächen der britischen Oberschicht und der zunehmend auch tonangebenden »Upper Middle Class« ins Visier genommen werden.
Es liest der Berliner Schauspieler Frank Arnold. Die Leipziger Übersetzerin Sabine Franke führt in Leben und Werk ein.
Veranstalter: Elfenbein Verlag
Büchertisch: El Libro
Eintritt: frei
20.30
»Die Gefangenen« | Debra Jo Immergut
Frank erkennt sie auf Anhieb. Die Haare, der Gang, das Lächeln – sie hat sich nicht verändert. In der Highschool war er unsterblich in dieses Mädchen verliebt. Damals hat sie ihn keines Blickes gewürdigt. Nun steht Miranda in ihrer gelben Gefängniskluft vor ihm, wegen kaltblütigen Mordes zu 52 Jahren Haft verurteilt. Frank ist ihr als Psychologe zugewiesen, müsste aber den Fall wegen Befangenheit abgeben. Doch Frank trifft eine fatale Entscheidung mit gefährlichen Konsequenzen für beide…
Debra Jo Immergut erzählt mit großem psychologischem Feingefühl davon, wie Frank und Miranda
Gefangene ihrer schicksalhaften Vergangenheit sind. Ein faszinierender Roman über die Wechselwirkung zwischen Macht und Obsession, Manipulation und Gefahr – atemlos spannend!
Veranstalter: Penguin Hardcover
Büchertisch: El Libro
Eintritt: frei