Im Rahmen der denkmal 2020 feiert die Messeakademie ihre elfte Auflage. Der deutschlandweite studentische Architekturwettbewerb widmet sich zum zweiten Mal dem Thema „Entwerfen im historischen Umfeld – Altbau.Umbau.Neubau.“ Gesucht werden überzeugende und praxistaugliche Konzepte für vier wertvolle denkmalgeschützte Gebäude. Studierende der Fachrichtungen Architektur und Bauingenieurwesen haben noch bis zum 31. August die Möglichkeit, ihre Entwürfe einzureichen. Auf die Teilnehmer warten nicht nur spannende Aufgaben, sondern auch Preisgelder und eine Prämierung zur denkmal 2020 in Leipzig.
Denkmale dauerhaft zu erhalten und sinnvoll weiter zu nutzen ist seit der ersten Messeakademie der Grundgedanke des Wettbewerbs. Auch in diesem Jahr werden Konzepte gesucht, um bedrohten Objekten den Fortbestand zu ermöglichen und eine Weiternutzung zu finden. Die Teilnehmer können für ihre Aufgabe zwischen einem Gasthof in Sachsen, einer Bürgerschule in Thüringen, einem Kellergewölbe in Brandenburg und einem Rittergut in Sachsen-Anhalt wählen.
„Realistische Aufgabenstellungen charakterisieren den Wettbewerb von Beginn an und machen ihn zu einem für angehende ArchitektInnen attraktiven Betätigungsfeld. So hat die Leipziger Messe schon unzählige Studierende für denkmalpflegerisch relevante Themen begeistert und das innovative Potential der jungen Menschen mit aktuellen Herausforderungen der denkmalpflegerischen Praxis verbunden. Trotz der coronabedingten Absage der Exkursionen im Frühjahr bearbeiten Studierende von sieben unterschiedlichen Universitäten und Hochschulen die angebotenen Themen. Ich bin sehr gespannt auf die Entwürfe und freue mich wirklich, dass die Messeakademie auch in diesem Jahr den Eigentümern und Nutzern der Denkmale Anregungen und konkrete Vorschläge zur denkmalgerechten Weiternutzung ihrer Gebäude gibt“, erklärt Ina Malgut, Projektbetreuerin der Messeakademie.
Gasthof mit bewegter Geschichte
Das ehemalige Gasthaus „Drei Rosen“ befindet sich in Rötha im Landkreis Sachsen. Dort liegt es in ortsbildprägender Lage an der Nordseite des Marktplatzes. Aufgrund seiner Kubatur erhebt sich das Gebäude deutlich über die umgebende Bebauung hinaus. Trotz neuerer Untersuchungen ist noch nicht genau bekannt, wann der bestehende Bau im Kern entstand. Aller Wahrscheinlichkeit nach reicht die Geschichte des Gebäudes bis ins 15. Jahrhundert zurück. Über Jahrhunderte diente der Bau neben seiner Funktion als Gasthof und Schenkhaus auch als Rathaus. Ende des 19. Jahrhunderts und in den 1970er Jahren erfolgten tiefgreifende Umbauarbeiten.
Seit einem Brand im Jahr 1995 und dem damit verbundenen Leerstand bemüht sich die Stadt Rötha als Eigentümerin um eine verträgliche Nachnutzung. Im Rahmen der Messeakademie 2020 werden entsprechende Ideen gesucht – einschließlich maßvoller Umgestaltungen, in die auch benachbarte Grundstücke in städtischem Eigentum einbezogen werden können. Damit wird auch die Hoffnung verbunden, den Markt und die Stadtmitte stärker zu beleben. Es gibt Überlegungen, hier einerseits Funktionen der Stadtverwaltung unterzubringen, andererseits aber auch Flächen für die städtische Bibliothek und/oder die ehemalige Schlossbibliothek der in Rötha ehemals ansässigen Adelsfamilie von Friesen bereitzustellen. Letztere ist heute ein Außenbestand der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden.
Nutzungs- und Verkehrskonzept für Bürgerschule
Unterhalb der Osterburg im thüringischen Weida befindet sich im historischen Stadtquartier der ehemalige Rasenmarkt, heute als Platz der Freiheit bekannt. Dieser wird im nordöstlichen Bereich von der ehemaligen Bürgerschule aus dem Jahr 1855 dominiert. Der zweigeschossige Dreiflügelbau orientiert sich mit seiner breitgelagerten elfachsigen Hauptfassade in klassizistischer Formensprache und seinen zwei von Pilasterportiken gerahmten Eingängen städtebaulich und gestalterisch am Rasenmarkt. Im Jahre 1901 erfolgte die Aufstockung um ein weiteres Geschoss.
Bislang konnten Überlegungen zum Abbruch des seit Jahren ungenutzt leerstehenden Gebäudes abgewendet werden. Auf Grund der beengten Straßensituation sind diese aber nicht ausgeräumt. Deshalb umfasst der Planungsbereich für die Aufgabe der Messeakademie 2020 nicht nur die ehemalige Bürgerschule und die Freifläche vor dem Schulbau, sondern auch die Einmündungsbereiche. Gesucht wird nach einem tragfähigen und umsetzbaren denkmalgerechten Konzept für eine angemessene Nutzung des Gebäudes und ihres dringend aufzuwertenden Umfeldes. Dabei können sowohl kommunale wie auch regionale Bedarfe im Fokus der Betrachtungen stehen.
Neues Bauwerk für kirchliches Kellergewölbe
Die Evangelische Kirchengemeinde St. Nikolai in Bad Wilsnack (Brandenburg) hat in den vergangenen Jahren durch die Sanierung der „Wunderblutkirche“ im Rahmen des Bundesförderprogrammes „Denkmale von nationaler Bedeutung“ an überregionaler Aufmerksamkeit gewonnen. Das zurzeit verfolgte Gesamtsanierungskonzept zielt auf die Entwicklung des gesamten Umfeldes der ehemaligen Wallfahrtskirche – eine der bedeutendsten Pilgerstätten des mittelalterlichen Europas. Nördlich angrenzend an den monumentalen Kirchenbau verläuft ein geschlossener Bogengang seit 1976 in die Leere. Dort stand bis zu diesem Zeitpunkt das Schloss der Patronatsfamilie von Saldern. Ein Brand zerstörte es bis auf die später gesicherten und hervorragend erhaltenen Kellergewölbe.
Aufgabe im Rahmen der Messeakademie 2020 ist es, einen Entwurf für ein Bauwerk über dem Kellergeschoss mit entsprechenden Nutzungsmöglichkeiten zu entwickeln und in das Umfeld der St. Nikolaikirche einzubinden. Konkrete Bedarfe gibt es bereits: So benötigt die Kirchengemeinde einen musealen Raum zur Präsentation der derzeit in der Kirche verwahrten, überaus wertvollen Kunstgüter. Für den Betrieb und Unterhalt des Hauses wünscht sich die Kirchengemeinde ein funktionales, lichtdurchflutetes Gebäude, in dem Veranstaltungen durchgeführt werden können.
Rittergut inmitten einer ehemaligen Wasserburg
Im Landkreis Stendal (Sachsen-Anhalt) befindet sich das Gelände einer ehemaligen Wasserburg, das im 19. Jahrhundert in eine weitläufige Parkanlage umgestaltet wurde. Räumlicher Bezugspunkt der Anlage ist ein zweigeschossiges barockes Herrenhaus aus dem Jahr 1744. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es bis 2006 als Kinderheim genutzt und befindet sich seitdem im notgesicherten Leerstand.
Die Teilnehmenden der Messeakademie 2020 sollen Umnutzungsmöglichkeiten für das einstige Rittergut ausloten und dabei die Denkmalqualitäten erhalten und wiederbeleben. Auf dem von Stützmauern eingefassten Burgplateau muss die Substanz des Herrenhauses erhalten werden. Die an den wesentlich dünneren Mauern erkennbare Aufstockung der 1970er Jahre kann gern zurückgenommen werden. Neben der Wiederherstellung eines Mansarddaches über dem barocken Obergeschoss wäre alternativ dazu das Aufsetzen eines in der Grundfläche umlaufend zurückgesetzten Dachgeschosses denkbar, dessen Fensterachsen mit denen des barocken Bestandes übereinstimmen.
Preisverleihung auf der denkmal 2020
Einzureichen sind die Wettbewerbsarbeiten bis zum 31. August 2020. Am 8. Oktober 2020 bewertet die aus namhaften Experten der Denkmalpflege, Lehre, Architekten und Fachpresse bestehende Jury alle Entwurfsarbeiten und wählt aus den zehn besten Entwürfen die drei Preisträger aus. Die zehn besten Entwurfsarbeiten werden auf der denkmal 2020 ausgestellt und anschließend in einer von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz herausgegebenen Dokumentation publiziert. Die Prämierung der Preisträger erfolgt am 6. November 2020 auf der denkmal im Rahmen des Fachkolloquiums der Messeakademie. Die Preisträger werden dort ihre Entwürfe dem Publikum vorstellen und erhalten ihre Preisgelder.
Die Messeakademie wird von der Leipziger Messe in Zusammenarbeit mit den Landesämtern für Denkmalpflege Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Thüringen veranstaltet.
Weitere Informationen zu den Objekten, zur Anmeldung, und der Jury gibt es unter www.denkmal-leipzig.de/messeakademie